Geburtstage sind besondere Anlässe, die nach ebenso besonderen Worten verlangen. Wer könnte da besser inspirieren als Joachim Ringelnatz mit seinem einzigartigen Stil? Ringelnatz, bekannt für seine humorvollen und oftmals skurrilen Gedichte, hat eine ganz besondere Art, die kleinen Freuden und Absurditäten des Lebens einzufangen. In diesem Artikel findest Du eine Sammlung von Geburtstagsgedichten, die sich an seinem unverwechselbaren Ton orientieren. Von lustigen bis hin zu nachdenklichen Versen – hier ist für jede Geburtstagskarte das passende Gedicht dabei.
Themen des Beitrags
“Geburtstagsgruß” von Joachim Ringelnatz
Das wohl bekannteste Ringelnatz Gedicht zum Geburtstag ist sein “Geburtstagsgruß”. Viele verstehen das als ein Ringelnatz Gedicht zum 40. Geburtstag, aber tatsächlich sind die “vierzig Jahre” nicht als Alter zu lesen, sondern als Vorhersage, was in 40 Jahren sein wird: nämlich immer noch dasselbe Datum und der Geburtstag des Jubilars. Vorsichtig solltest Du allerdings sein, wenn es sich um einen 70., 80., 90., oder höheren Geburtstag handelt, denn dass das Geburtstagskind dann noch 40 Jahre zu leben hat, ist unwahrscheinlich bis unmöglich.
Ach wie schön, daß Du geboren bist!
Gratuliere uns, daß wir Dich haben,
Daß wir Deines Herzens gute Gaben
Oft genießen dürfen ohne List.
Deine Mängel, Deine Fehler sind
Gegen das gewogen harmlos klein.
Heut nach vierzig Jahren wirst Du sein:
Immer noch ein Geburtstagskind.
Möchtest Du: nie lange traurig oder krank
Sein. Und: wenig Häßliches erfahren. –
Deinen Eltern sagen wir unseren fröhlichen Dank
Dafür, daß sie Dich gebaren.
Gott bewinke Dir
Alle Deine Schritte;
Ja, das wünschen wir,
Deine Freunde und darunter (bitte)
Dein _____________
“Ich habe Dich so lieb” & “Ein ganzes Leben”
Ganz typische Ringelnatz-Sprache zeigt das Gedicht “Ich habe dich so lieb”. Hier geht es auf ganz spielerische Weise um die Vergänglichkeit, der die anhaltenden melancholischen Gefühle gegenüber stehen.
Ich habe dich so lieb!
Ich würde dir ohne Bedenken
eine Kachel aus meinem Ofen
Schenken.
Ich habe dir nichts getan.
Nun ist mir traurig zu Mut.
An den Hängen der Eisenbahn
Leuchtet der Ginster so gut.
Vorbei – verjährt –
Doch nimmer vergessen.
Ich reise.
Alles, was lange währt,
Ist leise.
Die Zeit entstellt
Alle Lebewesen.
Ein Hund bellt.
Er kann nicht lesen.
Er kann nicht schreiben.
Wir können nicht bleiben.
Ich lache.
Die Löcher sind die Hauptsache
An einem Sieb.
Ich habe dich so lieb.
Auch “Ein ganzes Leben” behandelt das Thema Vergänglichkeit und Zeit, das ja besonders an Geburtstagen im Fokus steht:
„Weißt Du noch,” so frug die Eintagsfliege
Abends, „wie ich auf der Stiege
Damals dir den Käsekrümel stahl?”
Mit der Abgeklärtheit eines Greises
Sprach der Fliegenmann: „Gewiss, ich weiß es!”
Und er lächelte: „Es war einmal -“
„Weißt du noch”, so fragte weiter sie,
„Wie ich damals unterm sechsten Knie
Jene schwere Blutvergiftung hatte?” –
„Leider”, sagte halb verträumt der Gatte.
„Weißt du noch wie ich, weil ich dir grollte,
Fliegenleim-Selbstmord verüben wollte?? –
Und wie ich das erste Ei gebar?? –
Weißt du noch, wie es halb sechs Uhr war?? –
Und wie ich in Milch gefallen bin?? – –
Fliegenmann gab keine Antwort mehr,
Summte leise, müde vor sich hin:
„Lang, lang ist’s her – – lang – – -“
Ringelnatz Geburtstagsgedicht “Zu einem Geschenk”
In “Zu einem Geschenk” erörtert in der typisch lustigen Sprache, wie schwer es ist, das richtige Geschenk für jemanden zu finden. Achtung, vulgäre Sprache inklusive, denn am Ende hat er nur das “Lumpige, beschissne Ding gefunden.”
Ich wollte dir was dedizieren,
Nein, schenken, was nicht zuviel kostet.
Aber was aus Blech ist, rostet,
Und die Messing-Gegenstände oxydieren.
Und was kosten soll es eben doch.
Denn aus Mühe mach ich extra noch
Was hinzu, auch kleine Witze.
Wär’ bei dem, was ich besitze,
Etwas Altertümliches dabei – –
Doch was nützt dir eine Lanzenspitze!
An dem Bierkrug sind die beiden
Löwenköpfe schon entzwei.
Und den Buddha mag ich selber leiden.
Und du sammelst keine Schmetterlinge,
Die mein Freund aus China mitgebracht.
Nein – das Sofa und so große Dinge
kommen überhaupt nicht in Betracht.
Ach, ich hab’ die ganze letzte Nacht
Rumgegrübelt, was ich dir
Geben könnte. Schlief deshalb nur eine,
Allerhöchstens zwei von sieben Stunden,
Und zum Schluss hab’ ich doch nur dies kleine,
Lumpige, beschissne Ding gefunden.
Aber gern hab’ ich für dich gewacht.
Was ich nicht vermochte, tu du’s: Drücke du
Nun ein Auge zu.
Und bedenke,
Dass ich dir fünf Stunden Wache schenke.
Lass mich auch in Zukunft nicht in Ruh.
Ringelnatz Gedicht zum Geburtstag: “Schenken”
Sprachlich etwas pathetischer kommt da das Geburtstagsgedicht “Schenken” von Joachim Ringelnatz daher:
Schenke groß oder klein,
Aber immer gediegen.
Wenn die Bedachten
Die Gaben wiegen,
Sei dein Gewissen rein.
Schenke herzlich und frei.
Schenke dabei
Was in dir wohnt
An Meinung, Geschmack und Humor,
So dass die eigene Freude zuvor
Dich reichlich belohnt.
Schenke mit Geist ohne List.
Sei eingedenk,
Dass dein Geschenk
Du selber bist.
Geburtstagswünsche von Ringelnatz: “Freude” & “Sommerfrische”
Was wäre ein besserer Geburtstagswunsch als Freude? Mit dem Gedicht “Freude” kannst Du genau das wünschen:
Freude soll nimmer schweigen.
Freude soll offen sich zeigen.
Freude soll lachen, glänzen und singen.
Freude soll danken ein Leben lang.
Freude soll dir die Seele durchschauern.
Freude soll weiterschwingen.
Freude soll dauern
Ein Leben lang.
Sein Gedicht “Sommerfrische” ist nicht per se ein Geburtstagsgedicht, eignet sich aber hervorragend für diesen Zweck. Denn genau so sollte ein Geburtstag oder jeder andere sorglose Tag sein: Nichtstun, ausruhen, in den Tag hinein leben.
Zupf dir ein Wölkchen aus dem Wolkenweiß,
Das durch den sonnigen Himmel schreitet.
Und schmücke den Hut, der dich begleitet,
Mit einem grünen Reis.
Verstecke dich faul in der Fülle der Gräser.
Weil’s wohltut, weil’s frommt.
Und bist du ein Mundharmonikabläser
Und hast eine bei dir, dann spiel, was dir kommt.
Und lass deine Melodien lenken
Von dem freigegebenen Wolkengezupf.
Vergiss dich. Es soll dein Denken
Nicht weiter reichen als ein Grashüpferhupf.
Gedichte über das Alter von Ringelnatz
Altern ist nicht immer einfach, vor allem, wenn man damit hadert oder sich fühlt, als könnte man etwas im Leben nicht erreichen. Dieses Ringelnatz Gedicht über das späte Glück im Leben kann Hoffnung geben:
Und auf einmal merkst du äußerlich:
wieviel Kummer zu dir kam,
wieviel Freundschaft leise von dir wich,
alles Lachen von dir nahm.
Fragst verwundert in die Tage.
Doch die Tage hallen leer.
Dann verkümmert deine Klage …
Du fragst niemanden mehr.
Lernst es endlich, dich zu fügen,
von den Sorgen gezähmt,
willst dich selber nicht belügen,
und erstickst es, was dich grämt.
Sinnlos, arm erscheint das Leben dir,
längst zu lang ausgedehnt. –
Und auf einmal –: Steht es neben dir,
an dich gelehnt –
Was?
Das, was du so lang ersehnt.
Auch dazu, wie man im Leben mit Besitz umgehen soll, hat Ringelnatz Tipps in “Was du erwirbst an Geist und Gut”:
Erwirb dir viel und gib das meiste fort.
Viel zu behalten, hat den Wert von Sport.
Behalte Dinge, die du innig liebst,
bis du sie gern an Freunde weitergibst.
Liebe und halte frei dein Eigentum.
Besitz macht ruhelos und bringt nicht Ruhm.
Ringelnatz Zitate zum Geburtstag
Natürlich eignen sich nicht nur Gedichte, sondern auch Zitate zum Geburtstag von Ringelnatz. Die folgenden kannst Du als Geburtstagssprüche von Ringelnatz verwenden.
“Alt ist geworden, wer das Leben fühlt.”
“Die Stunden, nicht die Tage, sind die Stützpunkte unserer Erinnerungen.”
“Schenke mit Geist ohne List. Sei eingedenk, dass dein Geschenk Du selber bist.”
“Das ist ein Symbol für das Leben. Immer aufwärts, himmelan streben! Feste zieh! Nicht nachgeben.”
“Die besten Vergrößerungsgläser für die Freuden dieser Welt sind die, aus denen man trinkt.”
“Lebe, lache gut!
Mache deine Sache gut!”
“Der Stein der Weisen sieht dem Stein der Narren zum Verwechseln ähnlich.”
“Versuchungen bekämpft man am besten mit Geldmangel und mit Rheumatismus.”
“Wer das Licht der Welt erblickt, wird das Dunkel schon noch kennenlernen.”
“Die Leute sagen immer: Die Zeiten werden schlimmer.”
Die Zeiten bleiben immer. Die Leute werden schlimmer”
“Ein Mann kommt in die Jahre, wenn seine Schulden immer älter und seine Freundinnen immer jünger werden.”
“Ein Rauch verweht, ein Wasser verrinnt, eine Zeit vergeht, eine neue beginnt.”