Sie sind die klassischen Symptome einer Schwangerschaft: morgendliche Übelkeit und Erbrechen zu Beginn der Schwangerschaft. Im Normalfall sind die Symptome zwar unangenehm, aber nicht beeinträchtigend und legen sich von selbst nach einigen Wochen. Ist Übelkeit und Erbrechen ohne Linderung im Übermaß vorhanden, spricht man von einer Hyperemesis gravidarum. Sie ist eine ernstzunehmende Erkrankung, die ärztliche Behandlung benötigt. Wie man sie erkennt und was man dagegen machen kann, erfährst du im folgenden Beitrag.
Themen des Beitrags
Definition
Was ist Hyperemesis gravidarum?
Die Bezeichnung setzt sich zusammen aus ‚hyper‘ (übermäßig, zuviel), ‚emesis‘ (Erbrechen) und ‚gravidarum‘ (schwanger) und beschreibt gleichzeitig die Hauptsymptomatik. 0,3 – 4 % der Schwangeren betrifft diese massive Form des Erbrechens. Sie ist in den meisten Fällen nicht durch Selbstbehandlung in den Griff zu kriegen.
Man unterscheidet zwei Schweregrade:
- Leichte Hyperemesis gravidarum
- Hyperemesis gravidarum mit Stoffwechselstörungen, bedingt durch den Verlust der Elektrolyte
Symptome
Wie erkennt man eine Hyperemisis gravidarum?
Der Unterschied zur typischen Schwangerschafts-Übelkeit besteht darin, dass die werdende Mutter oftmalig und unstillbar erbricht. Zur genauen Anzahl vom Erbrechen gibt es verschiedene Angaben. Quantitativ lässt sich das nicht vereinheitlichen.
Ein Merkmal ist, dass das Erbrechen nicht nur nach der Nahrungsaufnahme erfolgt, sondern auch auf leerem Magen und nachts.
Die Symptomatik schränkt die Lebensqualität erheblich ein. Die Erkrankung tritt im ersten Trimester auf und kann bis nach der 20. Schwangerschaftswoche anhalten.
Symptome einer Hyperemisis gravidarum:
- Oftmaliges und nächtliches Erbrechen
- Erbrechen auf leeren Magen
- Dauerhafte Übelkeit
- Austrocknung (Dehydrierung)
- Kreislaufschwäche
- Niedriger Blutdruck
- Gehäuft in der 6.-8. Schwangerschaftswoche
- Symptome bestehen nach dem ersten Trimester weiter
- Ev. Kopfschmerzen, Durchfall
- Gewichtsverlust von 5 – 10 %
Ursachen
Wie entsteht eine Hyperemisis gravidarum?
Die genauen Ursachen sind bis dato unbekannt. Man vermutet, dass durch die hormonelle Umstellung ein Einflussfaktor gegeben sein könnte. Ein Anstieg der Hormone (wie z.B. HCG) kann demzufolge massive Übelkeit mitverursachen. Mehrfachschwangerschaften erhöhen das Risiko. Naheliegend ist ein Zusammenspiel mehrerer Faktoren (multifaktoriell).
Als mögliche Ursachen werden Mangel- und Fehlernährung, Vitamin-B6-Mangel, Immunschwäche, gastrointenstinale Erkrankungen (Heliobacter pylori), die Einnahme von Anti-Histaminika (3) und psychosoziale Faktoren diskutiert.
Dass die Erkrankung nicht aus einer alleinig psychischen Disposition entsteht, hat eine Placebo-kontrollierte Studie nachgewiesen. (1)
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Diagnostik
Wie wird Hyperemisis gravidarum festgestellt und nachgewiesen?
Durch einen Blut- und Urintest wird ein Verlust der Elektrolyte festgestellt sowie Ketonkörper im Urin (Ketonurie) nachgewiesen.
Ähnliche Krankheitsbilder und Differenzierung
Es ist wichtig, andere Erkrankungen auszuschließen. Dazu zählt die Molenschwangerschaft, auch Blasenmole genannt, die mittels Ultraschall diagnostiziert wird. Bei der Molenschwangerschaft wächst die Plazenta im Übermaß, es bildet sich ein Geschwulst durch meist gutartige wuchernde Zellen in der Gebärmutter und lässt den Bauch anschwellen. Selten ist ein Fötus vorhanden.
Abgeklärt wird weiters, ob Infektionen, Stoffwechsel-Erkrankungen, eine Präeklampsie oder internistische Erkrankungen (Bauchspeicheldrüse, Hepatitis) bestehen.
Risiken und Folgen
Die Erkrankung belastet die Psyche und schwächt Körper in seinen normalen Funktionen. Potenzielle Folgekrankheiten stellen ein Risiko dar:
- Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose)
- Leberschäden, wenn die Erkrankung über die 18. Schwangerschaftswoche hinausgeht
- Blutarmut (Anämie)
- Thrombose
- Für das Ungeborene: Frühgeburt, Wachstumsverzögerungen, geringe Geburtsgröße und -gewicht
Therapie und Behandlung
Was hilft bei Hyperemisis gravidarum?
Die gängige Therapie zielt auf die Linderung der Symptomatik ab. Eine kausale Behandlung ist noch nicht möglich, da die Ursachen nicht eindeutig geklärt sind.
Bei leichter Ausprägung:
- Vermeiden von würziger, fettreicher Kost
- Vitamin-B6 Gabe
- In der ganzheitlichen Medizin wird mit Massagen, homöopathischen Mitteln und Akupunktur gearbeitet.
Mit Stoffwechselstörungen:
- Stationäre Aufnahme
- Kein Essen und Trinken
- Infusionen mit Zucker (Glukose), Salzen (Elektrolyte), Nährstoffen (Vitamine, Mineralien)
- Medikamente, die die Übelkeit und den Brechreiz lindern (Antiemetika)
Nach der Gabe von Infusionen und Medikamenten bessert sich der Zustand im Allgemeinen. Beginnend mit Flüssigkeitszufuhr wird die Nahrungszufuhr Schritt für Schritt gesteigert. In schweren Fällen anhaltender Symptomatik hilft eine Sonde, die den Körper mit Nährstoffen versorgt.
Ein geringer Anteil der Betroffenen erfährt nach dem Legen einer Sonde keine Besserung. Drohen Folgeschäden wie Herz-Rhythmus-Störungen, schwere Leberschäden und massiver Gewichtsverlust ist das Ungeborene gefährdet. Der Arzt klärt über weitere Maßnahmen auf.
Vorbeugung
Wie kann man einer Hyperemisis gravidarum vorbeugen?
Ist das massive Erbrechen mit der Ernährung und gastrointestinalen Beschwerden verbunden, sind diese Maßnahmen unter Umständen hilfreich:
- Fette und Kohlenhydrate meiden
- Milde Kost statt würzig und scharf
- Säurearme Ernährung
- Starke Essensgerüche vermeiden
Erfahrungen
Bild:
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Quellen:
(1) Boelig et al. (2016). Interventions for treating hyperemesis gravidarum. Cochrane Database of Systematic Reviews 2016, Issue 5.
https://www.cochranelibrary.com/cdsr/doi/10.1002/14651858.CD010607.pub2/epdf/full
(2) De Haro et al. (2014). Hyperemesis gravidarum: management and nutritional implications; case report and review of literature. Nutr Hosp. 2014 Oct 3;31(2):988-91.
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/25617591
(3) Fejzo et al. (2013). Antihistamines and other prognostic factors for adverse outcome in hyperemesis gravidarum. Eur J Obstet Gynecol Reprod Biol 2013 Sep;170(1):71-6.
https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/daz-az/2013/daz-27-2013/studie-zeigt-moegliche-risiken
(4) Fletcher et al. (2015). Holistic assessment of women with hyperemesis gravidarum: A randomised controlled trial. Int J Nurs Stud. 2015 Nov;52(11):1669-77.
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/26212603??
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