Ischiasschbeschwerden gehören zu den recht häufigen Rückenschmerzen – auch bei nicht Schwangeren. Sie können von einem Bandscheibenvorfall oder vom vielen Sitzen stammen. Die Fachbezeichnung dafür lautet Ischialgie, umgangssprachlich sagt man meist nur, man “hat Ischias”.
Für Ischiasschmerzen in der Schwangerschaft gibt es andere Auslöser und nur selten – in weniger als 1 Prozent der Fälle -handelt es sich um eine echte, also bleibende Ischialgie – auch wenn der Schmerz trotzdem derselbe bleibt.
Die gute Nachricht ist aber, dass die Schmerzen in den allermeisten Fällen nach der Geburt nachlassen und dann allmählich verschwinden.
Woher genau die Ischias-Beschwerden in der Schwangerschaft kommen und was Du vorbeugend bzw. im akuten Fall dagegen unternehmen kannst, erkläre ich Dir im Folgenden.
Themen des Beitrags
Was ist der Ischias?
Der Ischiasnerv ist der stärkste Nerv in unserem Körper. Er reicht von der Lendengegend, über den Gesäßmuskel bis hinunter zu den Füßen. Wenn dieser Nerv stark gereizt wird bzw. Druck auf ihn ausgeübt wird, fängt er an, Schmerzsignale zu senden. Das macht sich bemerkbar als Ziehen oder Brennen von der Lendenwirbelsäule bis in die Beine hinunter.
Das geht so weit, dass jede Bewegung schmerzt und manche Schwangere das Gefühl hat, wegen der Ischiasschmerzen nicht mal mehr laufen zu können.
Konkret lassen sich die Symptome einer Ischiasreizung wie folgt beschreiben:
- gelegentliche oder ständige Schmerzen, meist nur auf einer Gesäßesseite oder eines Beines
- Schmerzen entlang des Ischiasnervs, von der Lendenwirbelsäule bis zur Rückseite des Oberschenkels und bis zum Fuß
- scharfer, stechender oder brennender Schmerz, wie Nadeln
- Taubheitsgefühl oder Schwäche im betroffenen Bein
- Schwierigkeiten beim Gehen, Stehen oder Sitzen
Woher kommen Ischiasschmerzen in der Schwangerschaft?
Hauptsächlich treten Ischiasschmerzen in der Schwangerschaft im letzten Trimester der Schwangerschaft auf. Das Gewicht von Gebärmutter und Baby drückt auf den Ischiasnerv, der unterhalb der Gebärmutter verläuft. Wenn das Köpfchen des Babys ins Becken rutscht, erhöht sich der Druck noch weiter.
Vor allem in der Rückenlage oder wenn Du auf der rechten Körperhälfte liegst, kann ein Venenstau der unteren Hohlvene (Vena Cava) entstehen. Diese Blutansammlung drückt dann ebenfalls auf den Ischiasnerv und kann ihn reizen. Vermeide deshalb bei Ischiasschmerzen genau diese Körperhaltung.
Während der Schwangerschaft verlagert sich Dein Körperschwerpunkt immer weiter und die Lendenwirbelsäule wie auch Muskulatur werden stärker und ungewohnt belastet. Auch die allgemeine Gewichtszunahme sowie das Gewicht der Gebärmutter und des Babys belasten den Rücken.
Hinzu kommt, dass während der Schwangerschaft Sehnen und Muskulatur weicher werden – vor allem im Beckenbereich. Das liegt an der vermehrten Ausschüttung der Hormone Relaxin und Progesteron.
Nicht immer kommen Ischiasschmerzen und Schmerzen im unteren Rücken also von einer direkten Reizung des Nervs. Es kann sich auch um Muskelverspannungen, Überbelastung der Lendenwirbelsäule, Lockerung der Gelenke wie dem Iliosakralgelenk oder um ein Piriformis-Syndrom handeln.
Letztlich ist es aber auch nicht so wichtig, woher genau die Beschwerden kommen, weil sie in den allermeisten Fällen nach der Schwangerschaft von selbst wieder verschwinden. Der Ischiasschmerz wird in aller Regel direkt nach der Geburt weniger stark und verschwindet dann nach und nach.
Allerdings kann in seltenen Fällen eine Reizung des Ischiasnervs auch erst während der Geburt entstehen, wenn dieser zu stärk gedehnt wird.
Ischiasschmerzen in der Schwangerschaft – was tun?
Wenn Du schon unter Ischiasschmerzen in der Schwangerschaft leidest, kann es verlockend sein, sich einfach ruhig zu halten – denn in der absoluten Ruheposition schmerzt es nicht. Natürlich spricht nichts dagegen, den Rücken auch mal zu entlasten. Langfristig ist ruhig halten aber keinesfalls eine Lösung – das macht es nur schlimmer. Dein Körper wird schlechter durchblutet und kann sich weniger gut regenerieren. Durch viel Liegen baust Du Muskeln ab, die die Wirbelsäule entlasten und den Druck auf den Ischiasnerv reduzieren würden. Außerdem kommt es schneller zu Verspannungen.
Bewegung ist also wichtig. Am besten helfen schonende Bewegungsabläufe, z.B. beim Schwimmen, Spazieren gehen, Wassergymnastik, Schwangerschaftsgymnastik oder Schwangerschaftsyoga. Zur akuten Behandlung und Vorbeugung kannst Du auch konkrete Kräftigungsübungen in Deinen Tagesablauf integrieren.
5 Übungen gegen Ischiasschmerzen in der Schwangerschaft
Hier zeige ich Dir fünf einfache Übungen zur Kräftigung der Muskeln, die die Wirbelsäule umgeben und stützen. Wenn Du diese Muskulatur trainierst, löst Du Verspannungen und entlastest gleichzeitig die Lendenwirbelsäule.
1. Sitzende Piriformis-Dehnung
Der Piriformis-Muskel liegt tief im Gesäß. Wenn er angespannt oder verkürzt ist, kann das den Ischiasnerv reizen und Schmerzen entstehen. Diese Dehnungsübung beugt Verspannungen des Muskels vor und kann so dazu beitragen, die Ischiasschmerzen zu reduzieren.
- Setz Dich auf einen Stuhl, die Füße flach auf den Boden. Die Knie sind im 90-Grad-Winkel.
- Lege den linken Fußknöchel auf das rechte Knie.
- Halte Deinen Rücken gerade und lehne Dich nach vorne, bis Du eine Dehnung des Gesäßmuskels spüren kannst.
- Halte die Position 30 Sekunden und richte Dich dann wieder auf.
- Wiederhole die Übung, so oft sie Dir gut tut.
- Wechsle die Seite, lege also den rechten Knöchel auf das linke Knie. Wiederhole die Übung genauso oft wie auf der anderen Seite.
2. Rückendehnung über dem Tisch
Diese Übung fühlt sich während der Schwangerschaft gut an,- egal, ob Du Ischiasschmerzen hast, oder nicht. Sie dehnt die Muskulatur im Rücken, Gesäß und in den Beinen.
- Stell Dich sich vor einen Tisch oder eine Stuhllehne, die etwas breiter als Deine Hüfte.
- Lehne Dich mit den Händen auf dem Tisch nach vorne. Halte Deine Arme gerade und Deinen Rücken flach.
- Zieh Deine Hüfte vom Tisch weg, bis Du eine angenehme Dehnung im unteren Rücken und in der Rückseite der Beine spüren kannst.
- Du kannst auch die Hüfte hin und her bewegen, um die Dehnung zu verstärken.
- Halte diese Position 30-60 Sekunden lang.
3. Die Taube
Diese beliebte Yoga-Pose hilft bei Ischiasbeschwerden, nicht nur während der Schwangerschaft, indem sie Hüfte und Beugemuskeln dehnt. Mit ein paar kleinen Abwandlungen kann sie auch während der Schwangerschaft bequem ausgeübt werden. Du brauchst dazu einen Yogablock oder ein aufgerolltes Handtuch.
- Geh in den Vierfüßlerstand. Deine Hände sind dabei genau unter den Schultern, die Knie unter der Hüfte.
- Schiebe Dein rechtes Knie unter Deinem Oberkörper nach vorne, sodass es zwischen Deinen Händen liegt.
- Schiebe nun Dein linkes Bein zurück und versuche, das gesamte Bein auf dem Boden aufzulegen.
- Leg das gerollte Handtuch oder den Yoga-Block unter Deine rechte Hüfte, damit Dein Bauch genug Platz hat
- Lehn Dich nach vorne über Dein rechtes Bein. Senke Dich langsam zum Boden ab und leg ein Kissen unter den Kopf und die Arme, um es zu stützen.
- Halte die Position für eine Minute und wechsle dann die Seite.
4. Hüftbeuger-Dehnung
Die Hüftbeuger sind die Muskeln an der Vorderseite der Hüfte, die das Bein bei Bewegungen wie Laufen vorwärts bewegen. Bei vielen Frauen ist dieser Muskel in der Schwangerschaft verkürzt. Dies kann die Ausrichtung und Haltung des Beckens beeinflussen und Schmerzen verursachen.
- Geh in den Vierfüßlerstand.
- Setze einen Fuß so nach vorne auf, dass sich Hüfte und Knie in einem 90-Grad-Winkel befinden.
- Verlagere Dein Gewicht nach vorne, bis Du an der Vorderseite der hinteren Hüfte und des Beins eine Dehnung spüren kannst.
- Halte die Dehnung etwa 30 Sekunden und wiederhole sie auf der anderen Seite.
5. Gluteus-Roll-Dehnung
Der Musculus gluteus maximus ist ein Skelettmuskel an der hinteren Hüftmuskulatur. Um ihn mit dieser Übung zu dehnen, benötigst Du eine Schaumstoffrolle. Diese sind sehr kostengünstig und können auch bei anderen Übungen in der Schwangerschaft sehr gut eingesetzt werden.
- Leg die Schaumstoffrolle auf den Boden.
- Setz Dich auf die Schaumstoffrolle und stütz Dich mit den Händen hinter Dir ab.
- Leg den rechten Fußknöchel auf dem linken Knie ab. Der linke Fuß steht fest am Boden auf.
- Bewege jetzt Deinen Körper langsam über die Schaumstoffrolle , bis Du eine weiche Muskelregion findest, an der sich der Druck angenehm anfühlt.
- Setze die Hin- und Herbewegung so fort, dass Du diese Region massierst.
- Wiederhole die Übung für die andere Seite – setze jetzt den linken Knöchel auf dem rechten Knie ab.
Medikamentöse Behandlung von Ischiasschmerzen?
Eine echte Ischialgie, also eine chronische Reizung des Ischiasnervs, meist durch einen Bandscheibenvorfall, wird häufig auch mit schmerzstillenden Medikamenten behandelt. Angesichts extremer Ischiasschmerzen kann das auch in der Schwangerschaft wie eine verlockende Option erscheinen. Allerdings solltest Du, Deinem Baby zuliebe, mit jeglicher Art von Medikamenten in der Schwangerschaft vorsichtig sein.
Ibuprofen oder Aspirin solltest Du im dritten Trimester keinesfalls mehr einnehmen. Und selbst das häufig als harmlos dargestellte Paracetamol hat unter Umständen Auswirkungen auf Dein Baby, die Du wahrscheinlich vermeiden möchtest – die Studienlage ist hier nicht eindeutig. Informiere Dich also lieber vorab über mögliche Risiken von Paracetamol in der Schwangerschaft und entscheide dann, ob Du nicht lieber alternative Therapien versuchen möchtest.
7 natürliche Wege zur Schmerzlinderung bei Ischiasschmerzen in der Schwangerschaft
Sieben solche alternative Therapien stelle ich Dir hier kurz vor:
- Chiropraktik: Die Wirbel der Lendenwirbelsäule werden neu ausgerichtet bzw. wieder so positioniert, wie sie sein sollen. Dadurch wird der Druck auf den Ischiasnerv reduziert. Weil sich der Körperschwerpunkt und damit Deine Haltung während der Schwangerschaft beständig verändert, werden vermutlich wiederholte Sitzungen nötig sein. Sprich mit Deiner Krankenkasse auf jeden Fall vorab über eine Kostenübernahme.
- Schwangerschaftsmassage: In vielen Städten gibt es heute Therapeuten, die sich auf Schwangerschaftsmassage spezialisiert haben. Sie wissen also über die Ischias-Problematik Bescheid und verfügen über Techniken, wie sie auch Dich als Schwangere behandeln können.
- Akupunktur: Diese Form der Schmerzlinderung stammt aus der traditionellen chinesischen Medizin. Durch sehr feine Nadeln werden bestimmte Energiebahnen, sogenannte Meridiane, im Körper stimuliert. Dadurch werden Energieflüsse angeregt und Stauungen, die sich als Schmerzen äußern, behoben. Bei manchen Menschen bewirkt diese Form der Therapie weitaus mehr als medikamentöse Behandlung durch Schmerzmittel – und sie ist völlig frei von Risiken und Nebenwirkungen. In der Schwangerschaft übernimmt Deine Krankenkasse wahrscheinlich die Kosten dieser Behandlung.
- Osteopathie ist eine eigenständige Form der Medizin, die ausschließlich mit den Händen behandelt. Ziel ist es, die Bewegungsfunktionen des Körpers als Ganzes zu betrachten, Blockaden zu erkennen und zu lösen.
- Physiotherapie zielt auf die Heilung durch Bewegung und Massagen ab. Physiotherapie kann Dir Dein Arzt auf Rezept verordnen. Wahrscheinlich zeigt Dir der Therapeut ähnliche Übungen wie die oben beschriebenen, sodass Du auch zu Hause etwas gegen die Schmerzen unternehmen kannst.
- Magnesium: Magnesium ist ein Mineralstoff, der für die korrekte Nervenfunktion essentiell ist. Eine Tierstudie legt nahe, dass zusätzliches Magnesium die Regeneration des Ischiasnervs unterstützt und Entzündungsreaktionen eindämmt. Magnesium für Schwangere gibt es zur oralen Einnahme oder als Öl zum Einreiben der betroffenen Stellen. Bevor Du langfristig Magnesium einnimmst, solltest Du aber mit Deinem Arzt sprechen.
- Schwangerschaftsyoga: Yogakurse für Schwangere bieten Übungen, die auch mit Babybauch gut machbar sind. Manche davon wirken gezielt gegen Ischiasschmerzen, andere dienen der allgemeinen Beweglichkeit und dem Muskelapparat.
Weitere Tipps und Tricks bei Ischiasschmerzen in der Schwangerschaft
Ischiasschmerzen in der Schwangerschaft vorbeugen
Zunächst einmal ist es sinnvoll, Rückenschmerzen und anderen Beschwerden in der Schwangerschaft vorzubeugen. Das klappt am besten durch regelmäßigen Sport bzw. Bewegung und rückenschonendes Verhalten vor und während der Schwangerschaft. Sport in der Schwangerschaft ist übrigens erlaubt und sogar förderlich.
Rückenschonendes Heben ist nicht nur in der Schwangerschaft sinnvoll, dann aber unerlässlich. So solltest Du schwere Dinge nicht “aus dem Rücken heraus”, also indem Du dich nach unten beugst, heben, sondern vorher in die Knie gehen und dann kraft Deiner Beinmuskulatur wieder nach oben kommen. Der Rücken bleibt dabei gerade.
Vermeide auch langes Sitzen ohne Bewegung. Wenn es sein muss, mache es Dir durch ein Stützkissen bequem und verändere möglichst häufig Deine Position. Wenn Du arbeitest und sich langes Sitzen trotz starker Ischiasschmerzen nicht vermeiden lässt, sprich Deinen Arzt auf ein Beschäftigungsverbot an.
Außerdem solltest Du vorsorglich Zugluft am Rücken vermeiden.
Maßnahmen bei leichten Schmerzen
Bei leichten und anfänglichen Ischiasschmerzen in der Schwangerschaft kann Wärme für Linderung sorgen.
Nachts kannst Du Deinen Rücken entlasten, indem Du ein Stillkissen, Schwangerschaftskissen oder Seitenschläferkissen zwischen die Beine klemmst und den Rücken abstützt.
Manchen hilft auch tapen in der Schwangerschaft mit Kinesiotape – probier es einfach aus.
Mit Taubheitserscheinungen oder plötzlicher Inkontinenz bei Ischiasschmerzen solltest Du allerdings keine Experimente mehr versuchen, sondern sofort zum Arzt!
Bild: ©VadimGuzhva - bigstockphoto.com Auf Pinterest merken: