Jeder Mensch hat in einem Bereich eine Begabung. Manche sind besonders begabte Musiker, andere zeigen Talent bei einer bestimmten Arbeit. Allerdings ist nicht jeder Mensch hochbegabt. Eine Hochbegabung zeichnet sich dadurch aus, dass bereits in frühen Lebensjahren außergewöhnliche Fähigkeiten festzustellen sind. Kinder, die als hochbegabt gelten, zeichnen sich bereits früh durch überdurchschnittliche Intelligenz oder Wahrnehmung aus.
Themen des Beitrags
Kann Hochbegabung vererbt werden?
Eine Hochbegabung kann mitunter vererbt werden. Ungefähr 50 – 60% der Erbanlagen können zu Intelligenzunterschieden führen. Die anderen 40 – 50 % jedoch sind umweltbedingt.
Besonders bei Kleinkindern scheint der Einfluss der Umwelt aber noch wichtiger zu sein als die Vererbung. Studien haben gezeigt, dass eine umfangreiche Wechselwirkung zwischen den Erbanlagen und der Umwelt bei Jugendlichen existiert. Die Entwicklungschancen von Kindern können sich, je nach Umwelt und Sozialisierung, stark unterscheiden.
Wie genau Hochbegabung entsteht, ist in der Forschung bis dato noch umstritten. Es scheint allerdings nicht zwingend erforderlich zu sein, dass die Eltern überdurchschnittlich intelligent sind. Viel wichtiger ist es, dass Talente und Fähigkeiten früh entdeckt und entsprechend gefördert werden.
Video: Hinweise und Probleme von hochbegabten Kindern
Anzeichen und Symptome für Hochbegabte Kinder
Nur ungefähr 2 bis 3% der Menschen gelten als hochbegabt. Es ist daher nicht verwunderlich, dass eine Hochbegabung von vielen Eltern und Lehrkräften gar nicht oder erst sehr spät erkannt wird.
Ab wann gilt man als hochbegabt?
Als Test gilt üblicherweise ein klassischer IQ-Test. Ab einer Punktzahl von 130 wird von einer Hochbegabung gesprochen.
Woran erkenne ich, ob mein Kind hochbegabt ist?
Eltern können anhand bestimmter Merkmale bestimmen, ob ihr Kind unter Umständen hochbegabt ist.
Hochbegabung | = | außergewöhnlich ausgeprägte LERNLEICHTIGKEIT |
+ | außergewöhnlich ausgeprägte INTRINSISCHE MOTIVATION | |
+ | außergewöhnlich ausgeprägte KREATIVITÄT |
Quelle: https://www.ihvo.de/212/begriffsbestimmung-hochbegabung/
Symptome und Hinweise auf Hochbegabung:
- Hat das Kind einen überdurchschnittlichen Wortschatz für sein Alter?
- Hat es früh angefangen zu laufen oder zu sprechen?
- Beschreibt es Sachverhalte sehr genau und detailliert?
- Ist das Kind weiter entwickelt als andere Kinder im selben Alter?
- Zeigt das Kind großes Interesse an seiner Umwelt?
- Zeichnet sich das Kind durch eine besonders scharfe Beobachtungsgabe aus?
- Liest das Kind viel bzw. hat es früh angefangen, Bücher zu lesen?
- Schläft das Kind weniger als andere Kinder im selben Alter, hat es eine besondere Ausdauer?
Dies ist nur eine kleine Auswahl an möglichen Merkmalen. Sollten hier bereits mehrere Punkte auf das Kind zutreffen, ist es ratsam, mit Fachleuten zu sprechen.
Es kann für Mütter und Väter schwierig sein, eine Hochbegabung frühzeitig zu erkennen. Je früher getestet wird, desto unsicherer sind die Ergebnisse. Das liegt auch daran, dass es noch viele Faktoren gibt, die nicht erforscht sind. Es kann daher nicht schaden, sich frühzeitig zu informieren und das Kind möglicherweise testen zu lassen. Trotz der Unsicherheiten sind sich viele Experten darin einig, dass ein Entwicklungsvorsprung ein hervorstechendes Merkmal einer Hochbegabung ist.
Hochbegabung bei Kindern testen lassen
Manche der bereits genannten Merkmale lassen sich durchaus bereits in früher Kindheit feststellen. Kleinkinder können durch erhöhte Aufmerksamkeit und rasche Verarbeitung von Informationen auf eine mögliche Hochbegabung hinweisen. Auch ein besonders ausgeprägtes Gedächtnis kann ein frühes Indiz für eine solche Veranlagung sein.
Berichte von Eltern zeigen, dass die Erfahrungen, die mit hochbegabten Kindern gemacht werden, teils sehr unterschiedlich sind. Je nach Entwicklungsabschnitt können ganz andere Merkmale entscheidend sein. Ganz allgemein betrachtet gilt jedoch: Je früher Kinder getestet werden, desto unsicherer sind die Prognosen bezüglich einer Hochbegabung.
Es gibt verschiedene Möglichkeiten und Formen, wie ein solcher Test aussehen kann. Ob nun ein klassischer Intelligenztest oder ein komplexer HAWIK-IV: Es gibt verschiedene Wege und Eltern sollten einen Test wählen, mit dem sie und ihr Kind sich wohl fühlen.
Solche Tests können an verschiedenen Einrichtungen durchgeführt werden. Besonders das Fachpersonal in speziellen Beratungsstellen für Hochbegabte sind für solche Tests natürlich die erste Wahl. Es gibt auch verschiedene Praxen, die sich mittlerweile auf das Erkennen und Fördern von Hochbegabten spezialisiert haben. Eine erste Anlaufstelle kann auch der Schulpsychologe haben, wenn die Schule eine solche Stelle vor Ort eingerichtet hat.
Während sich die Tests im Detail durchaus unterscheiden können, gibt es gewisse Schwerpunkte, die immer abgefragt werden. Die sprachlichen und logischen Fähigkeiten des Kindes liegen dabei im Fokus der Tests.
Dazu kommen Konzentrations- und Merkfähigkeiten und, je nach Test, noch andere Aufgaben, um die Talente und Begabungen des Kindes erfassen zu können.
Je nach Alter gibt es auch Fragen im Bezug auf das bereits erworbene (schulische) Wissen. Bei einem Intelligenztest liegt der Durchschnitt bei einem IQ von 100, von einer Hochbegabung ist ab einem IQ von 130 zu sprechen.
Tatsächlich gibt es viele Kinder und Jugendliche, die zwar überdurchschnittlich intelligent sind und damit einen IQ von über 100 erreichen, jedoch die magische Schwelle von 130 nicht überschreiten.
Potentielle Probleme bei nicht erkannter Hochbegabung
Hochbegabte Kinder erleben in der Schule und im Kindergarten häufig nur wenig Erfolg, werden ausgeschlossen und haben Schwierigkeiten, neue Freundschaften zu schließen.
Leider gehört es auch heute noch zum Alltag in deutschen Schulen und Kindergärten, dass Lehrerinnen und Lehrer sowie Erzieherinnen und Erzieher zu spät realisieren, dass eine Schülerin oder ein Schüler besondere Begabungen und eine hohe Intelligenz besitzen. Sie werden in ihrer Ausbildung zu wenig auf diese Möglichkeit vorbereitet – weshalb Kinder, die durch Fehlverhalten auffallen, unterfordert und gelangweilt sind, häufig eher bestraft werden anstatt dass sie Unterstützung erfahren. Für die Kinder bedeutet das, dass Schule und Kindergarten als frustrierend und unangenehm empfunden werden.
Eine Hochbegabung ist deshalb sowohl für Eltern wie für das Kind zuerst einmal ein zweischneidiges Schwert. Sie wird in vielen Fällen eher als ein Fluch angesehen statt einem Segen, da die ersten Erfahrungen mit der eigenen Hochbegabung negativ waren.
Viele Jungs neigen zu aggressiven und destruktiven Verhalten oder entwickeln sich zum „Klassenclown“ in der Schule.
Bei Mädchen lässt sich ein anderes Verhalten beobachten, denn sie neigen dazu, sich abzuschotten oder entwickeln teils sogar depressive Züge.
Mit entsprechender Förderung jedoch kann ein hochbegabtes Kind regelrecht aufblühen.
Förderung für hochbegabte Kinder
Sobald festgestellt wird, dass ein Kind hochbegabt ist, gibt es verschiedene Möglichkeiten, damit umzugehen. Je früher die Förderung beginnt, desto besser ist das für die gesunde Entwicklung der Persönlichkeit und das allgemeine Wohlempfinden.
Überspringen einer Jahrgangsstufe
Innerhalb der Schule kann überlegt werden, eine Klasse zu überspringen. Diese, als Akzeleration bekannte Maßnahme, ermöglicht es dem Kind, früher komplexeren Stoff zu behandeln und dadurch möglicherweise wieder mehr Spaß und Interesse am Unterrichtsgeschehen zu entwickeln. Damit ein Überspringen angeboten werden kann, sollten folgende Fragen und Kriterien behandelt werden.
Quelle: https://www.dghk-rmh.de/wb/media/Manuskripte/ZwoelfPunkteZumUeberspringen_AHeinbokel.pdf
Diese Methode hat allerdings auch Nachteile: Möglicherweise hat die Schule nicht die Kapazitäten oder das nötige Personal, um einen solchen Sprung in eine andere Stufe zu ermöglichen.
Für das Kind ist es auch möglicherweise ein Problem, aus seinem gewohnten Umfeld und Freundeskreis entrissen zu werden. Es würde seinen Schulalltag dann mit Kindern und Jugendlichen verbringen, die älter sind, was an sich schon eine neue Herausforderung darstellt.
Die emotionale Reife und Eigenständigkeit des Kindes werden dadurch auf die Probe gestellt. Ein solcher Schritt stellt das Kind und die Eltern also vor viele neue Herausforderungen.
Bevor Eltern eine vorschnelle Entscheidung treffen, sollten sie zuerst mit ihrem Kind sprechen und alle Möglichkeiten bedenken.
Enrichment statt Akzeleration
Eine abgeschwächte Variante wäre das Enrichment, bei der das Kind zwar in der Klasse bzw. Stufe bleibt und trotzdem verschiedene Sonderangebote erhält, die über den normalen Schulstoff hinausgehen.
Ob dieser Schritt ausreicht, ist von Kind zu Kind natürlich sehr unterschiedlich. Je nach Begabung und Veranlagung können die zusätzlichen Angebote natürlich bereits reichen.
In vielen Fällen jedoch bleibt der Schulalltag uninteressant und wenig herausfordernd. Welche Ausmaße und Komplexität diese Sonderangebote letztendlich umfassen, ist auch wieder von Schule zu Schule unterschiedlich.
Eltern müssen genau abwägen, ob das Angebot für ihr Kind ausreicht oder ob eine andere Lösung zweckdienlicher ist. Die Erfahrung hat gezeigt, dass ausreichende Angebote für hochbegabte Kinder eher außerhalb der Schule zu finden sind.
Ein solches Angebot wäre z.B. das außerschulische Enrichment. Dieses Angebot findet, geleitet von Fachpersonal, meist in den Abendstunden oder am Wochenende statt. Diese Kurse haben das Ziel, den Schulstoff zu ergänzen und es hochbegabten Kindern zu ermöglichen, ihren eigenen Interessen nachzugehen und intellektuell gefordert zu werden. Dabei wird in kleinen Gruppen gearbeitet, wodurch sehr viel besser auf die individuellen Bedürfnisse der Kinder eingegangen werden kann als in der Schule.
Dadurch lassen sich auch leichter Freundschaften schließen, was ansonsten bei anderen Kindern, die nicht hochbegabt sind, mitunter schwer sein kann.
Außerschulisches Enrichment ermöglicht es, das Kind einerseits individuell zu fördern und es gleichzeitig im gewohnten Schulumfeld belassen zu können.
Förderungsmaßnahmen im Kindergartenalter
Eine Förderung speziell für Kinder im Kindergartenalter ist weitaus komplexer. Aufgrund der bereits angesprochenen Probleme, frühzeitig eine Hochbegabung feststellen zu können. Eltern müssen daher oftmals bereits bei Verdacht auf eine Hochbegabung präventiv reagieren und eine Förderung versuchen.
Die ersten Lebensjahre sind prägend für das weitere Leben und es kann der Grundstein für ein erfolgreiches Lernen, Motivation und vor allem Spaß an der Sache vermittelt werden. So lernen die Kinder bereits auch früh andere hochbegabte Kinder kennen, wodurch sie früh in soziale Kreise eingebunden werden. Andernfalls läuft die Gefahr, ähnlich wie bei älteren Kindern, aufgrund der „Andersartigkeit“ Opfer von Ausgrenzung zu werden.
In vielen Kindergärten werden heute bereits Kurse für Kinder angeboten, in denen kleinere Experimente durchgeführt werden können oder frühzeitig eine Fremdsprache angeboten wird.
Hier ist eine Liste mit Kindertagesstätten, die mit erfahrenem Personal für hochbegabte Kinder arbeiten. Es ist allerdings möglich, dass diese nicht mehr ganz aktuell ist.
Hochbegabte Kinder nehmen solche Angebote meist begeistert an, haben sie dadurch doch eine Möglichkeit, ihre Neugierde und ihren Erkundungswillen zu stillen.
Durch besondere Spiele, Bücher oder Bastelmaterialien können hochbegabte Kinder bereits im Kindergarten gefördert werden.
Auch Eltern stehen in der Pflicht, ihren hochbegabten Kindern entgegen zu kommen und den Familienalltag möglichst spannend und abwechslungsreich zu gestalten. Der frühe Zugang zu Büchern, möglicherweise einem eigenen Bibliotheksausweis, kann wahre Wunder wirken.
Ausflüge ins Theater oder in ein Museum kann für das Kind auch spannend sein und eine Erfahrung weit außerhalb des Kindergarten- oder Schulalltags bieten. Wie bereits festgestellt ist der Kontakt zu anderen hochbegabten Kindern wichtig für die Zufriedenheit des Kindes und sollte nach Möglichkeit unterstützt werden.
Welche Schule eignet sich für ein hochbegabtes Kind?
Eltern steht es frei, das Kind an einer Regelschule unterrichten zu lassen oder, je nach Bundesland, an Schulen mit bestimmten Förderschwerpunkten und Möglichkeiten, Hochbegabte besser zu fördern und zu fordern, als es woanders umsetzbar ist.
Das Angebot in Deutschland ist allerdings reichlich unübersichtlich. Je nach Bundesland gibt es Internate für Hochbegabte und Schulen, die Sonderangebote ermöglichen. Leider gibt es auch Bundesländer wie Bremen oder Nordrhein-Westfalen, die kein einheitliches Konzept haben.
Linktipps & Beratungsstellen
- https://www.fachportal-hochbegabung.de/
- Deutsche Gesellschaft für das hochbegabte Kind e.V.
- https://www.genius-hochbegabung.de/adressen.htm
- https://www.infobeg.de/
Fazit
Ein hochbegabtes Kind zu haben ist für viele Familien eine Herausforderung. Es kann schwierig sein, diese besondere Begabung frühzeitig zu erkennen. Besonders im Kindergarten kann es sich daher lohnen, spezielle Angebote zu nutzen und auszutesten, wie gut das Kind mit den Förderangeboten zurecht kommt.
Im späteren schulischen Leben gibt es dann reichlich Möglichkeiten, die Schülerinnen und Schüler gezielter und individueller zu fördern.
Welche Angebote und Unterrichtsmethoden am besten funktionieren, hängt allerdings stark vom Einzelfall ab. Spezialisiertes Fachpersonal kann Eltern bereits früh unterstützen und helfen, dem Kind eine glückliche Schullaufbahn zu ermöglichen.
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