Wenn Du Dir jetzt denkst, das ist ein langweiliger medizinischer Beitrag über Zahngesundheit, dann irrst Du Dich. Auch, wenn Du bisher keinerlei Probleme mit Deinen Zähnen hattest, weil Du sie gut pflegst, solltest Du als Frau unbedingt weiter lesen. Gerade dann!
Themen des Beitrags
Mehr Zahnverlust trotz besserer Mundhygiene bei Frauen
Lange hieß es, dass Frauen eine bessere Mundhygiene haben – und folglich bessere Zähne. Während ersterer Teil auf jeden Fall zu stimmen scheint – mehrere Studien bzw. repräsentative Umfragen belegen das – scheint der zweite Teil, nämlich dass Frauen gesündere Zähne haben, mittlerweile wohl widerlegt. Unfairerweise scheint es so zu sein, dass Frauen zwar besser auf ihre Zähne achten, häufiger zur Vorsorge gehen, mehr Zahnseide benutzen und alles, was sonst noch empfohlen ist. Und trotzdem kommt es bei ihnen häufiger zu Problemen und im Alter zu Zahnverlust.
Ist daran etwa die bessere Mundhygiene schuld? Vermutlich nicht. Stattdessen sollen es die hormonellen Unterschiede zwischen Männern und Frauen sein, sowie die körperlich zährende Phase von Schwangerschaft und Stillzeit.
Zahnfleischgesundheit ist essentiell
Wenn Du jetzt denkst, Du müsstest Deine Zähne einfach nur besonders gut putzen, dann übersiehst Du einen Teil. Denn Grundlage für gesunde Zähne ist zu allererst gesundes Zahnfleisch. Wenn Dein Zahnfleisch geschädigt ist und zurückgeht, wie das bei vielen Frauen im Laufe der Jahre passiert, hast Du ein echtes Problem. Die Zahnhälse liegen irgendwann frei und werden anfällig für Karies oder schmerzen zumindest. Die Zähne sind weniger fest, Bakterien können eindringen und zu Parodontitis führen. Die Folge dieser chronischen Entzündung: Mehr Zahnfleischrückgang.
Damit Dir das nicht passiert oder Dich zumindest weniger schlimm trifft, lies unbedingt weiter!
Hormone und Zahngesundheit
“Jedes Kind kostet einen Zahn”. Dieser Spruch klingt überholt und ich habe nach drei Kindern noch keinen einzigen Zahn verloren. Trotzdem ist war dran, denn der Zahnverlust findet erst in den späteren Lebensjahren statt. Das heißt, auch wenn meine Zähne heute noch kerngesund sind, ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich das in den nächsten 40 Jahren ändert, höher als bei meinem Mann.
Wechseljahre
Denn viele Schwachstellen zeigen sich oder entstehen erst in den Wechseljahren, wenn der Pegel der weiblichen Sexualhormone sinkt. Weniger Östrogen bedeutet, dass das Zahnfleisch weicher wird und weniger gut durchblutet – und ist dadurch anfälliger für Bakterien. Man spricht dann von Hormoneller Gingivitis (Zahnfleischentzündung), die sich zu einer Parodontitis ausweiten kann. Folge können lockere Zähne oder sogar Zahnverlust sein.
Auch die Knochendichte verringert sich bei Frauen mit sinkendem Hormonspiegel. Das gilt auch für den Kieferknochen.
Schleimhäute werden mit den Wechseljahren trockener. Weniger Speichel bedeutet auch weniger Schutz für die Zähne. Denn Speichel umspült die Zähne, schützt und repariert sie. Er neutralisiert Säuren und Bakterien.
Östrogene
Übrigens wären wir Frauen selbst ohne die Wechseljahre gegenüber den Männern im Nachteil, was Zahnfleischgesundheit angeht. Das steigende Östrogen ab der Pubertät verändert auch die Speichelzusammensetzung, sodass dieser weniger gut vor Karies schützt. In der Schwangerschaft wird dann durch den hohen Progesteronspiegel das Bindegewebe locker, davon ist auch das Zahnfleisch betroffen. Zahnfleischbluten in der Schwangerschaft ist keine Seltenheit, Entzündungen im Zahnfleisch können folgen.
Zahnfleischschwund ohne Entzündungen durch falsches Putzen
Und es gibt einen weiteren Grund dafür, warum das Zahnfleisch mit der Zeit schwindet: Neben Entzündungen kann auch falsches, nämlich zu starkes Zähneputzen schuld sein. Das musste ich leider kürzlich am eigenen Leib erfahren. Wer seine Zähne, so wie ich, mit zu viel Druck “schubbt”, der sorgt mit der Zeit auch für Zahnfleischrückgang. Frauen trifft das statistisch gesehen häufiger als Männer – wahrscheinlich, weil sie mehr Wert auf ein sauberes Gefühl der Zähne legen.
Einmal verlorenes Zahnfleisch wächst nicht nach. Man kann es also nicht wieder aufbauen, das Wachstum anregen oder sonst irgendwelche Maßnahmen zur Regeneration ergreifen. Die einzige Möglichkeit wäre ein medizinischer Eingriff, dazu gleich mehr.
Was tun für gesundes Zahnfleisch?
Nun können wir also den Kopf in den Sand stecken und jammern, wie unfair das im Vergleich zur Zahngesundheit bei Männern ist – oder dafür sorgen, dass wir so wenig Probleme wie möglich haben. Aber wie geht das?
- Ein ganz wichtiger Punkt, der oft übersehen wird: Ernährung ist das A und O wenn es um Gesundheit geht. Nicht nur solltest Du wenig Zucker essen bzw. trinken, um Deine Zähne vor Karies zu schützen. Eine gesunde, ballaststoffreiche Ernährung mit wenig Zucker, Weißmehl oder anderen industriell verarbeiteten Lebensmitteln stärkt den gesamten Organismus und beugt so Entzündungen im Körper – auch am Zahnfleisch – vor. Achte darauf, ausreichend Vitamin C und Kalzium, sowie Proteine aufzunehmen.
- Nimm zusätzlich Vitamin D+K2 und ggf Omega 3 ein.
- Sorge dafür, dass Du hydriert bleibst, also ausreichend Wasser (keine zuckerhaltigen Getränke!) trinkst.
- Spätestens in den Wechseljahren hilft Kraftsport, Deinen Hormonhaushalt zu stabilisieren.
- Steig auf eine elektrische Zahnbürste um. Vor allem Schallzahnbürsten reinigen sehr zahnfleischschondend, weil sie mit sehr wenig Reibung auskommen. Schallzahnbürsten gibt es schon ab 24,99€. Benutze ansonsten eine Zahnbürste mit weichen Borsten und putze sehr vorsichtig von oben nach unten bzw. umgekehrt, nicht von vorne nach hinten.
- Nutze Zahnseide oder Interdentalbürsten und geh vorsichtig damit um.
- Tägliches Ölziehen erhöht die Mundhygiene, ohne das Zahnfleisch zu belasten.
- Zahnfleischmassagen können für eine bessere Durchblutung sorgen.
- Viel Kauen, entweder durch kauintensive Lebensmittel oder zuckerfreie Kaugummis, das regt Speichelfluss an.
- Zahnfleisch stärkende Hausmittel wie Salbei, Kamille oder Ingwer können nicht schaden, allerdings konnte ich für ihre langfristige Wirksamkeit keine Belege finden.
- Im Extremfall kann eine Zahnfleischkorrektur durch einen Zahnchirurgen helfen. Dabei wird Zahnfleisch aus dem Gaumen transplantiert. Die Kosten für den Zahnfleischaufbau belaufen sich auf etwa 500-1000€. Im Vergleich zu täglichen Schmerzen oder Karies am Zahnhals ist das eine überschaubare Summe. Von der Krankenkasse wird sie leider nicht übernommen.
All diese Maßnahmen solltest Du nicht erst ergreifen, wenn es zu spät ist, wenn Du also schon unter Schmerzen oder Beschwerden leidest. Anfangen solltest Du jetzt. Heute. Sofort.