Als ich in die Pubertät kam, fand meine Mama Tampons sehr ungewöhnlich und ich fühlte mich irgendwie revolutionär. Im Vergleich dazu gab es bis heute mehrere solcher Revolutionen bezüglich der weiblichen Monatsblutung. Nicht zuletzt der Skandal um die Pinky Gloves, einem Produkt zweier männlicher Gründer, die damit benutzte Tampons “diskret” entsorgt sehen wollten, hat außerdem gezeigt: Frauen kämpfen dafür, dass die Periode enttabuisiert wird und als etwas ganz normales akzeptiert. Manche Frauen gehen sogar so weit, dass sie völlig auf Hygieneprodukte verzichten und lernen, kontrolliert zu bluten. Free Bleeding, freie Blutung oder freie Menstruation nennt sich das. Wie auch Du das lernen kannst und welche Alternativen es sonst noch gibt.
Themen des Beitrags
Was ist Free Bleeding?
Gleich zu Anfang das wichtigste: Wie funktioniert Free Bleeding? Beim Freien Menstruieren verzichten Frauen auf jede Art von Produkt, das das Periodenblut im oder am Körper hält. Stattdessen vertrauen sie darauf, dass die entsprechende Schließmuskulatur so gut trainiert werden kann, dass sie das Blut kontrolliert über der Toilette ablassen können. Wenn Du dich jetzt fragst, warum Frauen so etwas tun – dafür gibt es verschiedene und genügend gute Gründe.
- Menstruationsschmerzen werden bei einigen Frauen durch Free Bleeding verringert.
- Das Verzichten auf Hygieneprodukte schont die Umwelt und den Geldbeutel.
- Viele empfinden es als ungerecht, dass Frauen finanziell und steuerlich mit Hygieneprodukten belastet werden, während die andere Hälfte der Weltbevölkerung dies nicht ist.
- Einige Frauen vertragen Tampons oder Binden nicht gut und finden es unangenehm, etwas in sich einzuführen.
- Vielen erscheint eine freie Periode natürlich und sie fühlen sich im Einklang mit ihrer weiblichen Natur.
Wie funktioniert Freies Menstruieren?
Jetzt aber mal Klartext: Wie funktioniert es? Kann ich die Tampons einfach weglassen und ab jetzt die Toilette benutzen, einfach so? Ganz so einfach ist es tatsächlich nicht. Leider gibt es auch keine detaillierte Anleitung für die freie Menstruation. Stattdessen gehört ein individueller Lernprozess dazu und eine gute Kontrolle des Beckenbodens. Im Rahmen dieses Lernprozesses solltest Du Raum für Fehlversuche einräumen, aber kein “Backup” wie eine Binde oder ähnliches nutzen. Setz Dich also nicht auf die weiße Stoffcouch, aber riskiere durchaus ein wenig zusätzliche Wäsche. So wirst Du umso stärker auf die Signale Deines Körpers hören.
Mit der Zeit solltest Du lernen, den leichten Druck im Beckenboden zu spüren, der Dir sagt, dass es Zeit ist. Dann solltest Du auch wirklich schnell zum WC und der Menstruation freien Lauf lassen. Denn die Periodenblutung erfolgt tatsächlich nicht kontinuierlich, sondern in Intervallen. Das heißt, es kommt immer mal wieder ein regelrechter Schwall Blut, dazwischen läuft kaum etwas. Mit viel Körperbeherrschung und Körpergefühl soll es beim Free Bleeding gelingen, diesen Rhythmus zu spüren.
Irgendwann, und das ist das Ziel der Sache, läuft das Perioden Blut wirklich nur noch auf der Toilette. So zumindest die Theorie.
Die freie Menstruation klappt nicht? Dann bist Du bei weitem nicht allein. Denn nicht allen Frauen ist es vergönnt, eine Tagesstruktur und Räumlichkeiten zur Verfügung zu haben, um die freie Blutung ausgiebig zu üben.
Free Bleeding: Kritik bzw. Beigeschmack
Was haben Frauen früher ohne Binden gemacht? Was machen Frauen in Entwicklungsländern? Tatsächlich gibt es eine lange Geschichte der Stigmatisierung der weiblichen Monatsblutung. Monatshygieneartikel wie Tampons und Binden sind also eine große Errungenschaft der Frauen, zu denen immer noch nicht alle Menschen Zugang haben. Wenn Du diese indirekt kritisierst, kann das als Hohn gegenüber allen Mädchen und Frauen aufgefasst werden, denen keine andere Möglichkeit bleibt als die freie Menstruation. Mädchen, die nicht zur Schule gehen dürfen oder Frauen, die während ihrer Tage abgesondert in irgendeiner Hütte bleiben müssen, weil sie als “schmutzig” gelten. Frauen, für die es keine Sanitäranlagen mit vier Wänden gibt, in denen sie in Ruhe bluten können.
Diese Gruppe an Frauen würden vielleicht nicht unbedingt behaupten, dass Hygieneartikel für die Periode “unnatürlich” sind, sondern sie als großes Privileg sehen. Die Entscheidung, ob man sich das freie Bluten aneignen will oder ob man Menstruations-Hilfsmittel nutzt, ist also nicht allen Frauen vergönnt. Behalte das stets im Hinterkopf.
Nachhaltige Hilfsmittel für die Menstruation
Wenn für Dich der Gedanke der Nachhaltigkeit zählt und Du außerdem von Chemikalien in Binden und Tampons (Superabsorber) Abstand nehmen möchtest, gibt es auch weitere Alternativen auf dem Markt.
Menstruationstasse
Eine Menstruationskappen aus medizinischem Silikon kannst Du bis zu 10 Jahre lang verwenden, bis sie ausgetauscht werden muss. Sie wird so in die Vagina eingeführt, dass sie den Ausgang verschließt und das Menstruationsblut auffängt. Es gibt mittlerweile eine riesige Auswahl an Menstruationstassen, sodass für jeden Körperbau und Geschmack etwas dabei ist.
Periodenunterwäsche
Wenn Du allerdings nichts davon hältst, etwas in Deine Vagina einzuführen, gibt es auch waschbare Periodenunterwäsche verschiedener Hersteller.
Waschbare Binden
Auch waschbare, wieder verwendbare Binden erfreuen sich immer größerer Beliebtheit und sind ebenfalls ganz ohne Superabsorber. Es gibt sie in allen möglichen Designs, von verspielt bis sexy.
Menstruationsschwämmchen
Was erst einmal sehr ungewöhnlich klingt, soll wahnsinnig effektiv sein – und das ganz ohne Chemikalien. Ein kleines Naturschwämmchen wird nass gemacht, ausgewrungen und dann eingeführt. Gereinigt wird es einfach mit Wasser.