Die Bilder von harmonischen, lachenden Familien am Esstisch kennt bestimmt jeder. Doch was, wenn es zuhause nicht so friedlich zugeht, sondern es auch oder gerade am Esstisch immer wieder zu Konflikten kommt? Tatsächlich kann eine ganz kleine Veränderung, nämlich eine systemische Sitzordnung in der Familie, da manchmal ganz große Veränderungen bringen. Probier es aus!
Themen des Beitrags
Was bedeutet Systemische Sitzordnung?
In den 1950er Jahren wurde in den USA ein Ansatz der systemischen Therapie entwickelt, der bis heute in vielen Bereichen Anwendung und Zustimmung findet. Demnach beruht alles in unserem Leben und der Familie auf einer systemischen Ordnung. Daraus hat sich Anfang der 1970er Jahre die systemische Familientherapie inkl. Familienaufstellen gegründet. Diese systemische Ordnung beinhaltet eine harmonische Schwingung zwischen allen Beteiligten. Jeder hat seinen Platz im Familiensystem. Kommt es zu Veränderungen in dieser harmonischen Schwingung, so kann das Probleme hervorrufen.
Daraus ergibt sich auch eine systemische Sitzordnung am Tisch. Sie ist wichtig, um das Verständnis der verschiedenen Rollen zu verstehen und zu leben. Die Wiederherstellung dieser systemischen Ordnung am Esstisch kann verschiedene Probleme innerhalb der Familie ohne viel weiteren Aufwand lösen.
Manchmal wird die systemische Tischordnung auch als “Königshaus” bezeichnet, vermutlich, um es weniger theoretisch und therapeutisch klingen zu lassen. Vater und Mutter sind “König” und Königin, Erstgeborener Prinz / Prinzessin usw.
In jedem Fall hilft diese von den Eltern festgelegte Sitzordnung Kindern, ihre Eltern als Autoritäten zu akzeptieren – ohne dabei unkritisch oder unterwürfig zu sein. Später im Leben fühlen sich nicht so schnell in ihrer Autonomie beschnitten, wenn sie z.B. im Berufsleben einen Chef über sich haben.
Wie müssen die Familienmitglieder am Esstisch sitzen?
Jetzt aber zum Praktischen: Wer sitzt wo am Tisch? Für eine systemische Sitzordnung am Familientisch sind folgende Punkte wichtig:
- Eltern sitzen nicht gegenüber, sondern nebeneinander oder übers Eck
- Frau sitzt links vom Mann, an seiner Herzseite
- Kinder sitzen der Reihenfolge der Geburt nach links von der Mutter – auch bei Patchwork-Familien in der Regel dem Alter nach
- Kleinkinder, die Hilfe brauchen, sitzen vorerst nah bei Mutter oder Vater, – sobald ein Kind alleine isst, wird die Ordnung wieder hergestellt
- Wenn jemand abwesend ist, bleibt der Platz frei
Welche Tischordnung bei Patchwork Familien?
- Normal ist, dass die Kinder links von der (Stief)Mutter dem Alter nach sitzen, egal ob leibliche Kinder oder nicht.
- Wenn nur ein Partner Kinder in die Beziehung bringt, sitzen diese jeweils näher am leiblichen Elternteil, d.h. entweder links der Mutter ihr ältestes Kind oder rechts vom Vater sein jüngstes Kind, dann wird dem Alter nach weiter platziert.
- Wenn es Kinder gemischten Alters von beiden Partnern gibt und man diese nicht trennen möchte, sitzen die Kinder der Mutter dem Alter nach links von ihr, die Kinder vom Vater rechts von ihm.
Wenn möglich, sollten die Eltern außerdem eine Wand im Rücken haben. Das stärkt nach Feng Shui die eigene Position und Sicherheit. Und eine starke Position sollten immer die Eltern haben, sonst fühlen sich auch die Kinder nicht wohl und weisen durch auffälliges Verhalten auf das Ungleichgewicht hin.
An einem eckigen Tisch mit Stirnseite sitzt idealerweise am kurzen Ende niemand. Dann sitzen auf einer Seite Vater und Mutter, an der anderen Seite das Kind bzw. die Kinder. Wenn jemand an der Stirnseite sitzt, dann sollte das im Zweifel der Vater sein. Während tatsächlich die meisten Esstische rechteckig oder quadratisch sind, wäre für die systemische Sitzordnung in der Familie ein runder Esstisch also von Vorteil.
Probleme durch fehlende systemische Sitzordnung
Natürlich ist eine systemische Sitzordnung am Tisch nicht die Lösung für alles und eine fehlende systemische Ordnung nicht die Ursache allen Übels. Trotzdem ist es bei folgenden Problemen innerhalb der Familie einen Versuch wert, die Ordnung wieder herzustellen:
- Kinder streiten oft, ein Kind ist eifersüchtig, Kinder konkurrieren ständig
- ein Elternteil entzieht sich seiner Verantwortung
- ein unharmonischen Miteinander
- Partnerersatz durch ein Kind
- ein Kind ist Außenseiter, “schwarzes Schaf”
- auffälliges, unangebrachtes Verhalten eines oder mehrerer Kinder am Tisch
Das heißt, die Folgen einer falschen Sitzordnung können sein:
- Eltern streiten oft
- Kinder streiten oft
- Kinder wollen nur ein Elternteil (zum Brot schmieren, Wasser einschenken etc.)
- Kinder konkurrieren um Aufmerksamkeit oder Zustimmung
- Kinder verhalten sich auffällig und stören die Harmonie, weil sie fühlen, dass etwas falsch ist
Woher kommt die falsche Tisch Sitzordnung?
Viele Familien, in denen die Rollen von Eltern und Kindern klar sind, setzen sich auch am Tisch intuitiv richtig. Wenn sie falsch sitzen, dass das Probleme hervorrufen, die es sonst nicht gäbe. Es kann aber natürlich auch sein, dass die Tischordnung in der Familie nicht in der systemischen Ordnung entstanden ist, weil bereits Probleme in der Familienstruktur bestehen.
Ursache kann also zum Beispiel sein, dass sich die Eltern entfremdet haben. Dann sitzt z.B. die Tochter an der Position der Mutter, also zwischen den Eltern. Die Mutter hat dann vielleicht ein schlechtes Verhältnis zur Tochter, die Tochter ist überfordert. Oder der Sohn nimmt den Platz des Vaters ein und es ergeben sich Rivalitäten zwischen Vater und Sohn.
Wenn Vater im Familienleben nicht seine “männliche Rolle” einnimmt, sitzt z.B. die Frau auf seinem Platz und er links oder rechts von ihr. Die Frau fühlt sich dann häufig überlastet und wütend, der Mann vielleicht erfolglos oder nicht integriert. Nicht “am richtigen Platz” eben. Spannungen zwischen den Partnern sind vorprogrammiert.
Wenn Du Dich fragst, warum die Kinder dem Alter nach am Tisch sitzen: Die Geburtsreihenfolge bringt unweigerlich eine bestimmte Rolle mit sich, bestimmte Aufgaben in der Familie. Zum Beispiel ist das erste Kind der Vorreiter, hat mehr Rechte, aber auch mehr Pflichten. Wenn diese Reihenfolge durcheinander gebracht wird, kann ein jüngeres Kind überfordert sein, ein älteres fühlt sich seiner Rolle beraubt, ist eifersüchtig auf das jüngere.
Auch bei Zwillingen gibt es einen Erstgeborenen, dem diese Rolle auch zukommen sollte – auch wenn das bei Zwillingen natürlich etwas schwieriger ist, weil sie ja im Prinzip gleich alt sind.
Fazit: Systemische Sitzordnung einen Versuch wert
Nicht immer lassen sich alle Probleme durch eine Sitzordnung lösen, aber damit kann man auf jeden Fall anfangen. Einen Versuch ist es immer wert und oft bringt das Ruhe in die Situation und macht einen Anfang.
Unterstützen können andere Familienrituale, die von den Eltern festgelegt werden und die systemische Position jedes einzelnen Familienmitglieds stärken. Zum Beispiel kann das ältere Kind länger wach bleiben oder längere Medienzeiten bekommen und das auch klar kommuniziert werden – mit unterschiedlichem Alter gehen unterschiedliche Rechte und Pflichten einher. Bei Streit kann auch eine Familienkonferenz helfen, die “Familiengesetze” festlegt und in der klar kommuniziert wird, welche Rolle jedem zusteht.
Auch Hilfe von Dritten, z.B. einem Familientherapeuten, anzunehmen ist kein Zeichen von Schwäche. Familientherapeuten berichten immer wieder von großen Erfolgen einer so kleinen Veränderung wie einer systemischen Sitzordnung in der Familie – aber auch, dass es damit leider nicht immer getan ist.
Auf Pinterest merken:
Schönen Vormittag,
Ich habe mich bist jetzt noch nie mit dem Thema Systemische Sitzordnung in der Familie beschäftigt.
Doch seid einiger Zeit habe ich das Gefühl die Schwiegermutter/ Stiefmutter von Herbert wird immer präsenter in unserer Beziehnung. Wir, beide streiten viel und lösen nie das Problem kommen auch zu keiner wirklichen Aussprache , irgendwo steht nämlich sicher seine Stiefmutter.
Nun zu unsere Sitzordnung die folgende ist
Herbert sitzt an der Stirnseite , links von ihm unsere jüngste Tochter (2015)
rechts von ihm die Schwiegermutter
gegenüber von ihm sitze ich und neben mir rechts sitz zuerst unsere älterste Tochter (2007) und dann die mittlere Tochter (2012)
links von mir sitz unsere zwei älterste Tochter ( 2009).
Ich hoffe du kannst dir darunter etwas vorstellen.
Bitte Danke für eine Rückmeldung von Dir/ Ihnnen.
Mfg Eva Maria Wieser
Liebe Eva Maria,
das hört sich schwierig an. Leider gibt es die Schwiegermutter-Problematik in sehr vielen Familien.
Ich würde folgendes tun: Zunächst das Gespräch mit Deinem Mann suchen, bevorzugt an einem Ort außer Haus ohne Kinder. Mach ihm klar, dass Du seine absolute Rückendeckung brauchst, wenn die Situation funktionieren soll.
In einem nächsten Schritt könnt ihr diese Rückendeckung auch in der Sitzordnung manifestieren. Dass die Mutter rechts von ihm sitzt sehe ich nicht als problematisch, dass ihr euch gegenüber sitzt ist wohl nicht so günstig. Einfacher fällt die Umstellung der Sitzplätze übrigens, wenn ihr ohnehin einen neuen Tisch bekommt oder den alten an einen neuen Platz stellt.
Viele liebe Grüße,
Hanna