Das Thema Gleichberechtigung in unserer Gesellschaft gibt immer wieder Anlass zu öffentlichen Diskussionen. Auch in Bezug auf unser Familienleben spielt Gleichberechtigung in der Erziehung inzwischen eine Rolle, über die ebenfalls gegensätzlich diskutiert wird.
Während die eine Gruppe eher der autoritären Erziehung zuneigt, plädiert die andere Gruppe für ein größeres Mit- und Selbstbestimmungsrecht der Kinder.
Der egalitäre Erziehungsstil gibt viel Raum für Gleichberechtigung und Mitbestimmung Deines Kindes. Nachstehend erfährst Du alles Nötige über diese Erziehungsmethode, um Dir anschließend selbst eine Meinung bilden zu können.
Themen des Beitrags
Definition: Was ist der egalitäre Erziehungsstil?
Die Basis für den egalitären Erziehungsstil bildet die grenzenlose Gleichberechtigung zwischen Eltern und Kindern. Das bedeutet, dass sowohl Du als auch Dein Kind die gleichen Rechte und Pflichten haben.
In der Praxis bedeutet dies wiederum, dass Du Dir die Meinung Deines Kindes nicht nur anhörst, sondern sie sogar explizit einholst und natürlich auch immer berücksichtigst. Der entscheidende Punkt hierbei ist, dass dabei Deine Meinung ebenso gleichwertig und ausschlaggebend ist, wie die Deines Kindes.
Du begibst Dich somit mit Deinem Kind auf die gleiche Ebene. Eine Hierarchie, die durch eine Über- und Unterordnung geprägt ist, entfällt damit bei der egalitären Erziehungsmethode.
Somit wirst Du alle wichtigen Entscheidungen nicht nur mit Deinem Kind besprechen, sondern gemeinsam mit ihm zu einer Entscheidungsfindung gelangen.
Ähnlich wie beim demokratischen Erziehungsstil, förderst Du hierbei die Eigeninitiative, Eigenaktivität und Selbständigkeit Deines Kindes. Der egalitäre Erziehungsstil kann daher als extreme Steigerung der demokratischen Erziehungsmethode gesehen werden.
Merkmale von egalitären Erziehungsmaßnahmen
- Absolute Gleichberechtigung auf der Familienebene
- Kein Machtgefüge, also keine Über- und Unterordnung
- Eltern sehen sich als Gruppenmitglied
- Keine Befehle
- Eltern machen lediglich Vorschläge
- Nur Gruppenentscheidungen
- Eltern ermutigen und unterstützen ihr Kind
- Aufgabenverteilung liegt im Verantwortungsbereich der Gruppe
- Lob und Tadel nur auf sachlicher Ebene durch konstruktives Feedback
- Eltern geben bei Problemen nur Anregungen zu Lösungsmöglichkeiten
Vorteile der egalitären Erziehungsform
Auch wenn diese Erziehungsmethode umstritten ist, so gibt es dennoch positive Seiten:
- Kinder lernen die Äußerung ihrer Meinung
- Kind erlernt die Fähigkeit zur sachlichen Kritik
- Kind wird gefördert, seine Meinung zu vertreten
- Eltern und Kind bleiben durch Gespräche ständig in Kontakt
- Kinder lernen das Akzeptieren anderer Meinungen
Die wichtigste positive Auswirkung des egalitären Erziehungsstils ist sicher, dass Du mit Deinem Kind durch die vielen Gespräche in ständigem Kontakt bleibst, wodurch sich Vertrauen als Grundstein für die Beziehung zwischen Dir und Deinem Kind aufbauen kann und die Beziehung gefestigt wird.
Nachteile des egalitären Erziehungsstils
Dass der egalitäre Erziehungsstil nicht unumstritten ist, hat natürlich seine Gründe.
- Erfordert sehr viel Zeit und Geduld von Seiten der Eltern
- Erfordert die Bereitschaft der Eltern, die Gleichberechtigung jederzeit umzusetzen
- Entscheidungsfindungen werden durch Diskussionen in die Länge gezogen
- Kind kennt keine Regeln und Vorgaben
- Kind kann sich später schwer in Hierarchien einfügen
- Kind hat Schwierigkeiten sich an Regeln und Vorschriften zu halten
Gleichberechtigung setzt auch immer die nötige Reife Deines Kindes voraus, um Entscheidungen sinnvoll mitzubestimmen. Die egalitäre Erziehungsmethode nimmt hierauf jedoch keine Rücksicht, was in elendig langen Diskussionsschleifen enden kann.
Dazu kommt, dass Dein Kind oftmals andere Bedürfnisse hat, als Du. So benötigt es für seine gesunde Entwicklung Regeln, die ihm Schutz geben und Eltern, die bereit sind, die Führung zu übernehmen.
Daher haben Eltern es langfristig gesehen schwer, den egalitären Erziehungsstil mit der damit einhergehenden Gleichberechtigung zwischen Eltern und Kind durchzusetzen.
Auswirkungen und Folgen der egalitären Erziehung
Ist Dein Kind es aus seinem Elternhaus wohnt, mitentscheiden zu dürfen, so wird es unweigerlich Schwierigkeiten im gesellschaftlichen Leben außerhalb der Familie haben. Denn hier herrschen Regeln, die akzeptiert und eingehalten werden müssen. Darüber hinaus ist unsere Gesellschaft geprägt von hierarchischen Strukturen, denen wir uns unterwerfen müssen. Da Dein Kind so etwas nicht kennt, sind Probleme vorprogrammiert.
Der egalitäre Erziehungsstil gestaltet sich in der Praxis schwierig
Hast Du Dich für diesen Erziehungsstil entschieden, wirst Du im Alltag sehr bald an Deine Grenzen stoßen. Es wird Dir die nötige Zeit fehlen, ständig alles ausdiskutieren zu müssen, wobei es zu allem Überfluss auch noch häufig zu keinen Lösungen kommen wird, was ein Handeln quasi unmöglich macht. Das ist der häufigste Grund für das Scheitern dieser Methode.
Stell Dir einmal folgendes Beispiel im Alltag vor: Dein Kind hat Zahnschmerzen und verweigert den Zahnarztbesuch mit der Begründung, dass Du als Erwachsener ja auch selber entscheiden kannst, ob Du hingehst oder nicht.
Natürlich wirst du als pflichtbewusster Elternteil die Verantwortung übernehmen, damit Deinem Kind kein Schaden daraus entsteht. Und schon hast Du gegen den Gleichberechtigungsgrundsatz des egalitären Erziehungsstils verstoßen. Denn um derartige Entscheidungen zu treffen, sind ein entsprechendes Alter und damit eine nötige Reife Deines Kindes erforderlich.
Ist eine egalitäre Erziehung in der heutigen Zeit durchsetzbar?
Aus der rein psychologischen Betrachtungsweise heraus, ist es sinnvoll bei Deiner Erziehung nach dem Prinzip einer altersgerechten Gleichberechtigung zwischen Dir und Deinem Kind vorzugehen. Eine Mitbestimmung um jeden Preis ist sicherlich nicht zielführend. Daher wird der egalitäre Erziehungsstil in der Praxis auch so gut wie nie angewendet, weil er schlichtweg nicht dauerhaft durchsetzbar ist.
Mach Dir am besten einen Überblick über die verschiedenen Erziehungsstile.
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Milkos / bigstockphoto.com
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