Kaum zu glauben! Bereits in der zweiten Hälfte des ersten Lebensjahres kannst Du mit der Erziehung Deines Kindes beginnen. Dann nämlich fängt Dein Baby an, einen eigenen Willen zu entwickeln. Es lernt, dass bestimmte Verhaltensweisen eine konkrete Reaktion von Dir hervorrufen. Ab jetzt hast Du die Möglichkeit, Deinem Kind klar zu machen, dass es nicht immer seinen kleinen Dickkopf durchsetzen kann.
Du wirst feststellen, dass Dein Baby ein mit entsprechender Stimmlage gesagtes „Nein“ durchaus verstehen kann. Spätestens zu dieser Zeit solltest Du Dir die Frage stellen, WIE Du Dein Kind erziehen möchtest – egal ob allein oder zu zweit.
Themen des Beitrags
Erziehung ist keine Solo-Veranstaltung
Glücklicherweise bin ich für die Erziehung unseres Kindes nicht allein verantwortlich. Daher haben mein Mann und ich uns in Ruhe zusammengesetzt und besprochen, wie wir unser Kind erziehen und welche Werte wir ihm vermitteln möchten.
Die zentrale Frage unserer Diskussion lautete: Welcher Erziehungsstil passt zu uns? In einem waren uns schnell einig: Auf keinen Fall autoritär! Dann also eine antiautoritäre Erziehung? Klingt gut, aber was bedeutet das eigentlich?
Antiautoritäre Erziehung – was genau steckt dahinter?
Ich fasse meine Recherchen einmal kurz zusammen: Bei der antiautoritären Erziehungsform würde unser Kind völlig zwanglos aufwachsen. Freiheit ist hier das Schlagwort. Es darf also sich und seine Persönlichkeit frei entfalten. Wir setzen keine Regeln und keine Grenzen. Wir erziehen also nicht. Unser Kind entscheidet für sich, was in seinen Augen das Beste ist.
Diese Art der Pädagogik war in den 70er Jahren weit verbreitet. Zu der Zeit entstanden auch sog. Kinderläden (das waren Kindergärten, in denen die Kinder sich selbst überlassen wurden).
Schlaue Köpfe und Vertreter der Gegenbewegung zur autoritären Erziehungsmethode waren u.a.:
- Johannes Claßen
- Alexander Sutherland Neill
- Wera Schmidt.
Da ich hier keine wissenschaftliche Abhandlung schreiben möchte, sei dies nur am Rande erwähnt. Dass sich die antiautoritäre Erziehung nicht durchgesetzt hat, hat sicher unterschiedliche Gründe.
Pro und Contra des antiautoritären Erziehungsstils
Wenn Du also Dein Kind antiautoritär erziehen möchtest, musst Du ihm den absoluten Freiraum für seine eigene Entwicklung geben. Du begegnest Deinem Kind auf Augenhöhe und respektierst seine Bedürfnisse. Auf diese Weise lernt Dein Kind sehr früh, seine Wünsche klar auszudrücken und diese in die Tat umzusetzen. Es ist für sich und sein Handeln selbst verantwortlich. Die Erziehung liegt also nicht in Deiner Hand, sondern in der Deines Kindes.
Vorteile:
Durch dieses selbstbestimmte Handeln, das nicht durch Eltern oder Pädagogen gesteuert wird, können schon Kleinkinder ein hohes Maß an Selbstbewusstsein entwickeln. Antiautoritär erzogene Kinder werden oft als kreativ, fantasievoll und spontan beschrieben.
Das hört sich recht einfach an: Du überlässt Dein Kind sich selbst und zwängst es nicht in ein Korsett aus Regeln. Dadurch hast Du keine nervenraubenden Auseinandersetzungen zu befürchten.
Soweit die Theorie, aber wie sieht die Praxis aus – und welche Konsequenzen ergeben sich aus diesem Erziehungsstil?
Nachteile und Vorurteile:
Schon beim Beschreiben dieser Erziehungsform regte sich in mir ein gewisser Widerstand. Vielleicht erging es Dir ähnlich, als Du den Satz „Es ist für sich und sein Handeln selbst verantwortlich“ gelesen hast.
Wie oben bereits erwähnt, beginnt die Erziehung eines Kindes bereits mit einem halben Jahr. Da liegt eine Frage auf der Hand: Kann ein Baby bereits die Folgen seines Tuns abschätzen? Ich denke, da sind wir uns einig: Nein!
Doch aus der antiautoritären Erziehung ergeben sich noch weitere Probleme bzw. auch Vorurteile:
- Kinder, die so aufgewachsen sind, entwickeln sich zu ausgeprägten Egoisten. Es stand ja stets nur ihr eigener Wille im Vordergrund! Dadurch, dass ihnen keine Grenzen gesetzt wurden, mangelt es ihnen an den einfachsten Umgangsformen. Um nicht permanent anzuecken, müssen sie sich diese durch Abschauen und Nachahmen bei Gleichaltrigen aneignen, denn: Gesellschaftliche Regeln werden ihnen zuhause ja nicht beigebracht.
- Sie sind häufig frech, ihnen fehlt der natürliche Respekt vor ihren Mitmenschen. Zunge herausstrecken ist also nichts Schlimmes! Dadurch dass die antiautoritär erzogenen Kinder sich selbst überlassen werden, kennen sie weder Normen noch Werte. Daher fehlen ihnen oft Halt und Sicherheit. Das kann bei labilen Charakteren unter Umständen zu akuter Einsamkeit führen.
- Manche dieser Kinder fühlen sich ungeliebt. Auch verstehen sie nicht, warum es andere Erwachsene nicht toll finden, wenn sie beispielsweise die Wände in deren Wohnung „verzieren“. Lob, Ermutigung, aber auch Tadel oder Ermahnungen sind diesen kleinen Menschen eben fremd.
Zusammenfassend sei gesagt: Sowohl die streng autoritäre als auch die antiautoritäre Erziehung in Reinform haben sich nicht durchgesetzt.
Heutzutage wird nämlich hauptsächlich „demokratisch“ erzogen.
Fazit
Auch wenn der gedankliche Ausflug in die Welt der antiautoritären Erziehung sehr interessant war: Wir haben entschieden, dass wir unserem Kind auf liebevolle Art unsere Werte und Normen vermitteln möchten. Dabei respektieren wir seine Persönlichkeit und gehen darauf ein. Es darf seine Kreativität ausleben und Kind sein, Freiheiten genießen – jedoch alles in einem verbindlichen Rahmen.
Wir geben ihm Leitlinien an die Hand, damit es sich später sicher in der Gesellschaft bewegen kann. Die gesunde Mischung macht’s!
Natürlich gibt es auch noch andere Erziehungsstile und Du wirst überrascht sein, wenn Du diese miteinander vergleichst. Ich habe dazu einen Vergleich geschrieben und in diesem erfährst Du, welcher Erziehungsstil für Dich der beste sein könnte.
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