Wer sich im Bereich der Kinderernährung eingehend mit dem Thema Kuhmilch beschäftigt, wird vermutlich, so wie ich, diesem Nahrungsmittel sehr skeptisch gegenüber stehen. Ziegenmilch für Babys ist tatsächlich eine gute Alternative – auch und gerade als Basis von Säuglingsnahrung in Pulverform. Warum, das erkläre ich Dir in diesem kurzen Artikel.
Themen des Beitrags
Warum Ziegenmilch statt Kuhmilch?
Für die Behauptung, dass Ziegenmilch für Kinder besser ist als Kuhmilch, gibt es gute Gründe.
Im Überblick ist Ziegenmilch im Vergleich zur Kuhmilch:
- leichter verdaulich
- reicher an essentiellen Fettsäuren
- laktosearm
- enthält Vitamin A
- enthält mehr Präbiotika
- cholesterinarm
- Aminosäureprofil ähnlich menschlicher Muttermilch
Leichter verdaulich ist Ziegenmilch für Babys unter anderem aufgrund der kurz- und mittelkettigen Fettsäuren. Auch sind diese anders zusammengesetzt als in der Kuhmilch: Die Menge an Alpha-Linolensäure (ALA) und Linolsäure ist doppelt so hoch – das sind essentielle Fettsäuren, die der Körper nicht selbst bilden kann, sondern über die Nahrung aufnehmen muss.
Auch, dass Ziegenmilch weniger Laktose enthält als Kuhmilch, macht sie leichter verdaulich. Denn Laktose benötigt entsprechende Enzyme im Magen-Darm-Trakt, um aufgespalten und ausgeschieden werden zu können.
Im Gegensatz zur Kuhmilch enthält Ziegenmilch das wertvolle Vitamin A (Kuhmilch enthält lediglich eine Vorstufe dazu), das unter anderem für die Entwicklung der Sehfähigkeit wichtig ist. Aber auch Riboflavin (Vitamin B2), B12 und die Mineralstoffe Kalzium, Kalium und Phosphor sind reichlich enthalten.
Ziegenmilch enthält nicht nur weniger schlechtes Cholesterin, sondern auch allgemein weniger Cholesterin als Kuhmilch.
Die Proteine in der Ziegenmilch sind mit denen der menschlichen Muttermilch vergleichbar, auch Aminosäuremuster ist der Muttermilch ähnlich (sechs der zehn essenziellen Aminosäuren, die der Mensch über die Nahrung zuführen muss, kommen in Ziegenmilch häufiger vor als in Kuhmilch: Threonin, Isoleucin, Lysin, Cystin, Tyrosin und Valin).
Ab wann dürfen Babys Ziegenmilch trinken?
Trotzdem wird Ziegenvollmilch in ihrer ursprünglichen Form erst für Kinder ab etwa 12 Monaten empfohlen. Das liegt unter anderem daran, dass Babys vorher ihre Proteine überwiegend über die Muttermilch bzw. Säuglingsnahrung aufnehmen sollten. Diese ist außerdem ideal in ihrer Zusammensetzung an die Nährstoffbedürfnisse angepasst – Muttermilch ja auf ganz natürliche Weise, Formulamilch durch das Verarbeiten und den Zusatz von Nährstoffen.
Wer im größeren Umfang die Säuglingsnahrung durch reine Ziegenmilch ersetzt, der riskiert einen Mangel an essentiellen Nährstoffen wie zum Beispiel Folsäure. Milch zum Trinken, also zum Durstlöschen, ist grundsätzlich eher nicht bzw. nur als Ausnahme zu empfehlen. Dabei geht es um Zahngesundheit genauso wie um ungünstige Angewohnheiten für das restliche Leben (“Was mit Geschmack trinken”).
Darum ist Säuglingsnahrung auf Ziegenmilchbasis besser
Grundsätzlich würde ich meinem Baby im ersten Lebensjahr keine Kuhmilch geben – nicht in roher Form, nicht in verarbeiteter und auch nicht als Säuglingsnahrung. Der Grund dafür ist noch sehr wenig bekannt, leider aber wissenschaftlich untermauert: In Kuhmilch kommen verschiedene Bakterien vor, die die Entwicklung chronischer Krankheiten oder Krebsleiden im späteren Leben begünstigen.
So gibt es seit den 200ern wenig beachtete Studien über den Zusammenhang von Morbus Crohn und dem Mycobakterium avium paratuberculosis (MAP). Wissenschaftler haben herausgefunden, dass diese Bakterien auch durch die Pasteurisierung oder Milchpulverherstellung nicht abgetötet wird. In Versuchen wurde festgestellt, dass ein Befall der Darmschleimhaut mit diesem Mycobakterium dieselben Entzündungen und Symptome hervorruft, wie ein Morbus Crohn. In immer mehr Ländern wird Morbus Crohn daher mit einem passenden Antibiotikum, das MAP abtötet, behandelt – mit Erfolg.
Außerdem gibt es sehr neue Erkenntnisse über schädliche Erreger in Kuhmilch und im Rindfleisch, die sogenannte Bovine Meat and Milk Factors (BMMF). Sie werden in Zusammenhang gebracht mit späteren Erkrankungen wie Darmkrebs, Brustkrebs oder auch neurodegenerativen Erkrankungen wie MS. Da es sich hier um sehr neue Forschung (2017 bzw. 2019) handelt, stehen genauere Studien und Ergebnisse noch aus. Es überrascht also nicht, dass zum Beispiel der Milchindustrieverband felsenfest behauptet, dass an diesem Zusammenhang nichts dran sei und weiterhin den Verzehr von Kuhmilchprodukten empfiehlt.
Kuhmilch ist auch aufgrund ihrer Zusammensetzung nicht gesund für Babys und wird nicht, wie früher behauptet, für die Versorgung mit Kalzium benötigt. Darum spricht nichts dagegen, sie sicherheitshalber im ersten Lebensjahr oder länger komplett aus der Kinderernährung zu streichen und auch beim Milchpulver auf Ziegenmilch für Babys umzusteigen.
Warum ist Säuglingsnahrung auf Ziegenmilchbasis so selten?
Die allermeisten bekannten Formula-Nahrungsprodukte sind auf Basis von Kuhmilch hergestellt. Es gibt allerdings auch Marken wie Kabrita, die ausschließlich Folgemilch für Babys auf Basis von Ziegenmilch herstellen.
Dass das nur wenige sind, liegt auch daran, dass die Europäische Kommission erst seit 2013 Säuglingsnahrung auf Basis von Ziegenmilch zugelassen hat (Richtlinie 2013/46/EU). In Deutschland wurde diese Richtlinie 2014 umgesetzt. Vorher durfte nur kuhmilchbasierte Säuglingsnahrung verkauft werden.
Babynahrung aus Ziegenmilch ist tatsächlich etwas teurer. Das liegt in meinen Augen daran, dass das umgesetzte Gesamtvolumen viel niedriger ist, d.h. es handelt sich stets um eher kleine Unternehmen. Außerdem geben Ziegen grundsätzlich nicht so viel Milch wie moderne Milchkühe, deren Haltung unter anderem aus diesem Grund immer wieder kritisiert wird. Dafür sind für ziegenmilchbasierte Babynahrung weniger Prozessschritte in der Herstellung erforderlich, denn die Ziegenmilch kann als Ziegenvollmilch genutzt werden.
Ziegenmilch bei Neurodermitis und Allergien?
Ziegenmilch für Säuglinge hat also keine nennenswerten Nachteile gegenüber Kuhmilch. Allerdings ist sie bei einer Kuhmilchallergie ebenso wenig geeignet wie Kuhmilch. Ziegenmilch enthält zwar weniger von den Proteinen, die für die allergische Reaktion verantwortlich gemacht werden, aber immer noch genug. Auch bei einer Laktoseintoleranz (bei Säuglingen zum Glück sehr, sehr selten) ist Ziegenmilch keine Lösung. Denn auch sie enthält Milchzucker (Laktose), der ohne die entsprechenden Enzyme nicht aufgespalten werden kann und für Verdauungsprobleme sorgt.
Allerdings scheint Ziegenmilch Babynahrung für ein Baby mit Neurodermitis tatsächlich besser verträglich zu sein – zumindest in vielen Fällen. Wenn Dein Baby an Hautausschlägen leidet, ist die Umstellung auf Ziegenmilch-Folgenahrung also eine Überlegung wert.
Allerdings würde ich damit nicht zu lange warten, denn Ziegenmilch hat einen sehr starken Eigengeschmack. Kinder, die schon an Kuhmilch gewöhnt sind, trinken sie möglicherweise nicht mehr. Kinder, die früh an Ziegenmilch gewöhnt wurden, trinken diese auch später noch. Wer versucht, ein Kleinkind an Ziegenmilch zu gewöhnen, wird vielleicht wenig Erfolg haben.
Auf Pinterest merken:
Wieso sollte man Kindern überhaupt Tiermilch geben? Sie sind weder ein Ziegen- noch ein Kuhbaby, daher macht das überhaupt keinen Sinn.
Muttermilchersatz ja, wer nicht stillen kann oder will, aber danach brauchen Babys/Kinder gar keine Milch mehr. Woher kommt bloß dieser Hype?
Hallo liebe Jana,
vielen Dank für deine Meinung – die ich im übrigen absolut teile. Ich gebe meinen Kindern so gut wie keine Milch(produkte). Allerdings hält sich, wie du schon bemerkt hast, die Meinung sehr hartnäckig, Kinder bräuchten Milch. Meist handelt es sich dann um Kuhmilch – Ziegenmilch wäre hier eine bessere Option.
Auch handelt ein sehr großer Teil von der Säuglingsmilch, für die es eben keine bessere Option gibt (leider!) als eine tierische Milch als Basis.
Liebe Grüße,
Hanna