Ein behindertes Kind zu haben ist eine große Herausforderung, die Eltern vor viele Fragen und tägliche Besonderheiten stellt. Der Alltag dreht sich oft nur noch um das behinderte Kind und dessen Versorgung, je nach Schweregrad der Behinderung. Oftmals ist es nicht mehr möglich, dass beide Elternteile arbeiten gehen können, weil die Betreuung des Kindes enorm zeitaufwändig ist. Das Geld fehlt in der Haushaltskasse und das, obwohl die Ausgaben steigen. Zum Glück gibt es Unterstützung für Eltern mit behinderten Kindern.
Themen des Beitrags
Welche Leistungen stehen Eltern mit behinderten Kindern zu?
In diesem Artikel werde ich Dir aufzeigen, welche staatlichen Unterstützungsleistungen Dir und Deiner Familie zustehen, um zumindest finanzielle Entlastung zu erfahren. Es gibt unterschiedliche Stellen, bei denen Du Leistungen beantragen kannst. Im Folgenden zähle ich die einzelnen Kostenträger mit den zu beantragenden Hilfen auf und erkläre die Leistungen. Mintunter ist es nicht so einfach herauszufinden, wo du welche Leistung beantragen kannst. Du brauchst Dir dennoch keine Sorgen machen, dass Du eventuell bei der falschen Stelle Deinen Antrag stellst. Die Kostenträger sind zum Austausch und zur Zusammenarbeit verpflichtet, allerdings klappt das in der Praxis nicht immer problemlos. Solltest Du nicht innerhalb einer angemessenen Frist Nachricht über Deinen Antrag erhalten, hake unbedingt nach. Die Erfahrung zeigt leider, dass Du als Antragssteller unter Umständen einen längeren Atem brauchst und eine gewisse Hartnäckigkeit an den Tag legen musst. Das ist in eurer Situation besonders schwierig, aber es lohnt sich in den meisten Fällen, dranzubleiben und nicht aufzugeben.
Die Zuständigkeiten der unterschiedlichen Träger können von Kreis zu Kreis oder Bundesland zu Bundesland unterschiedlich sein, daher ist es unter Umständen sinnvoll, sich kompetente Beratung an die Seite zu holen. Grundsätzlich ist zu sagen, dass es Beratungsstellen gibt, die dich in dieser Situation unterstützen können. Große Träger wie beispielsweise die Lebenshilfe, der VdK oder auch die Caritas bieten in größeren Orten für gewöhnlich Beratungen an. Es gibt auch vielerorts die Ergänzenden Unabhängigen Teilhabeberatungsstellen (EUTB).
Versorgungsamt oder Kreis
Für die hier angeführten Leistungen gilt, dass es tatsächlich von Bundesland zu Bundesland oder sogar von Kreis zu Kreis unterschiedlich gehandhabt wird, wo die Leistungen jeweils zu beantragen sind. In der Regel sollte Deine Gemeinde oder die Stadtverwaltung weiterhelfen und Dir die Frage nach der zuständigen Stelle beantworten können.
Schwerbehindertenausweis
Du kannst für Dein Kind beim Versorgungsamt einen Antrag auf Einstufung der Schwerbehinderung stellen. Dazu benötigst Du ärztliche Dokumente, aus denen die Behinderung Deines Kindes hervorgeht. In der Regel wird nach Aktenlage entschieden, daher ist es wichtig, dass Du alle verfügbaren Unterlagen einreichst. Dein Kinderarzt oder die Frühförderstelle können Dich dabei unterstützen.
Der Schwerbehindertenausweis ermöglicht nicht nur vergünstigte Eintritte, sondern sichert auch einen hohen Steuerfreibetrag und Nachteilsausgleiche.
Steuererleichterungen
Eltern mit einem Kind stehen unter gewissen Bedingungen Steuererleichterungen zu. Wenn Du einen Steuerberater hast, wird er dich entsprechend beraten können.
Unentgeltliche Beförderung im ÖPNV
Je nach Grad und Art der Behinderung kann ein Antrag auf unentgeltliche Beförderung im ÖPNV gestellt werden. Dazu benötigst Du ein Beiblatt zum Schwerbehindertenausweis mit Wertmarke. Eltern können auch Kraftfahrzeugsteuererleichterungen beantragen. Dein Steuerberater sollte dafür Dein Ansprechpartner sein.
Behinderten-Parkausweis
Den Parkausweis gibt es auch für Kinder, um die Teilhabe des Kindes zu ermöglichen. Eltern können ihn beantragen, wenn gewisse Voraussetzungen erfüllt sind.
Pflegekasse
Pflegegeld
Voraussetzung für das Pflegegeld ist mindestens Pflegegrad 2. Die Pflege muss im häusliche Umfeld stattfinden. Das Pflegegeld wird direkt an den Bedürftigen, bzw. in eurem Fall an die Eltern ausgezahlt.
Pflegesachleistungen
Pflegesachleistungen werden von Pflegediensten erbracht, zum Beispiel in Form von ambulanter Pflege oder Haushaltshilfe. Die Sachleistung wird vom Pflegedienst direkt mit der Pflegekasse abgerechnet.
Verhinderungspflege
Die Pflege eines behinderten Kindes ist aufwändig und kräftezehrend. Du hast als pflegender Elternteil das Anrecht, Dir eine Auszeit zu nehmen und Dein Kind von anderen Personen oder in einer Einrichtung pflegen zu lassen. Nähere Details findest Du in diesem Verhinderungspflege-Ratgeber.
Fahrtkostenerstattung
Fahrtkosten können nur im Rahmen von Verhinderungspflege für die Ersatzpflegeperson zu beantragen. Fahrtkosten für die Hauptpflegeperson müssen über die Steuererklärung geltend gemacht werden.
Entlastungbetrag
Pflegebedürftige ab Pflegegrad 1 haben einen Anspruch auf den Entlastungsbetrag in Höhe von 125 Euro monatlich. Das Geld muss zweckgebunden eingesetzt werden.
Pflegehilfsmittel
Pflegebedürftigen ab Pflegegrad 1 stehen Pflegehilfsmittel zu. Dabei handelt es sich um Artikel, die zur Pflege notwendig sind, wie z.B. Handschuhe oder Mundschutz, Bettschutzeinlagen oder Desinfektionsmittel.
Krankenkasse
Heil- und Hilfsmittel
Hilfsmittel sind Gegenstände, welche die häusliche Pflege ermöglichen. Dazu können Pflegebetten ebenso gehören wie Rollstühle, Gehhilfen oder Hörgeräte. Heilmittel sind Therapien wie Ergotherapie oder Physiotherapie.
Sie werden nach medizinischer Notwendigkeit von Ärzten verordnet und sind bei den Krankenkassen zu beantragen.
Häusliche Krankenpflege
Wenn Dein Kind schwerstbehindert ist, kannst Du zu Deiner Unterstützung häusliche Krankenpflege beantragen. Diese gibt es für einen eingeschränkten Zeitraum, um die Eltern pflegerisch anzuleiten, aber auch dauerhaft für chronisch erkrankte Kinder.
Sozialamt, Jugendamt oder Landschaftsverband?
Frühförderung
Frühförderung kann über die Frühen Hilfen beim Jugendamt beantragt werden. In manchen Bundesländern kann aber auch der Landschaftsverband dafür zuständig sein. Das Jugendamt sollte diesbezüglich Auskunft geben können.
Eingliederungshilfe
Menschen mit Behinderung haben nach dem Bundesteilhabegesetz ein Recht auf Eingliederungshilfe, um am täglichen Leben teilnehmen zu können. Auch diese wird – je nach Bundesland – bei unterschiedlichen Kostenträgern beantragt. Der Familienratgeber hat dazu eine Übersicht erstellt und stellt auch weitergehende Informationen zur Verfügung.
Fazit
Wie Du siehst, gibt es sehr viel Leistungen, die Eltern von Kindern mit Behinderung beantragen können. Es ist ausgesprochen schwierig, den Überblick zu behalten, wann was und bei welchem Kostenträger zu beantragen ist, daher ist es aus meiner Sicht durchaus sinnvoll, die Unterstützung einer geeigneten Beratungsstelle in Anspruch zu nehmen, zumal sich die Rechtsgrundlagen immer mal wieder ändern und ich daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit meiner Aufzählung erhebe. Dir entstehen durch die Beratung keine Kosten, die Beratungsstellen arbeiten unentgeltlich.
Ein wichtiger Tipp zum Schluss:
lasse Dich nicht von Ablehnungen ins Bockshorn jagen! Ich habe es in meiner beruflichen Praxis leider immer wieder erleben müssen, dass die Kostenträger Anträge abgelehnt haben, trotz klarer Rechtslage. Lege auf jeden Fall immer Widerspruch ein und akzeptiere eine Ablehnung nicht einfach. Auch in diesen Fällen verweise ich gerne an die Kolleginnen aus den Beratungsstellen, die Dich und Dein Kind dabei unterstützen. Du beantragst keine Almosen, sondern euch per Gesetz zustehende Leistungen, verliere das bitte nie aus den Augen.