Die sogenannte U1 oder Neugeborenen-Erstuntersuchung Eures Babys ist ein Baustein in der Reihe medizinischer Checks, die im Rahmen von Schwangerschaft und Geburt durchgeführt werden. Sie ist die erste von mehreren Vorsorge- und Früherkennungsuntersuchung für euer Baby und findet unmittelbar nach der Geburt statt (in der ersten bis vierten Lebensstunde Eures Babys) und ist die wichtigste Untersuchung. Warum? Aus medizinischer Sicht sind die ersten Lebenstage eines Menschen kritisch, weil noch unentdeckte Krankheiten/Entwicklungsstörungen zum Vorschein kommen können. Daher geht es bei U1 darum zu überprüfen, ob Euer Neugeborenes die anstrengende Geburt ohne Verletzungen und auch den Geburtsstress schadlos überstanden hat.
Die zentrale Frage lautet: Wie ist der Gesundheitszustand des Neugeborenen? Alle wichtigen Lebensfunktionen werden hierbei überprüft. Eine Kinderärztin oder ein Kinderarzt, eine Hebamme oder ein Entbindungspfleger nehmen diese Untersuchung vor. Sie stellen fest, ob Euer Baby äußerliche Fehlbildungen hat oder ob es Hinweise auf Krankheiten gibt, die sofortige medizinische Maßnahmen erfordern.
In der Regel bekommt Ihr als Eltern von der U1 nicht viel mit. Du als Mutter wirst etwas erschöpft sein von der Geburt und – wenn notwendig – nachbehandelt, und Du als Vater oder Partner kümmerst Dich am besten um Deine Frau oder Partnerin. Eventuell darfst Du auf Wunsch bei der U1 dabei sein. Meistens findet diese erste Untersuchung direkt im Kreißsaal statt (ich konnte bei der U1 zuschauen), beim Kaiserschnitt ist sie oftmals in einem anderen Raum.
Keine Angst – die Erstuntersuchung dauert meistens nur ein paar Minuten! Außerdem: Je nach Krankenhaus und Verlauf der Geburt bekommt Ihr (nach einer normalen Entbindung) Euer Baby direkt nach dessen erstem Lebenszeichen in den Arm. So kann dieses kleine Wunderwerk der Natur in Ruhe ankommen und die Wärme seiner Mutter spüren. Das lässt die Mutter jegliche Schmerzen vergessen und gibt Eurem Baby Geborgenheit. Nach ein bisschen Zeit miteinander wird dann die U1 durchgeführt. Währenddessen wird ein eventuell entstandener Dammriss genäht.
Themen des Beitrags
Ablauf
Anamnese
– Erfassung medizinisch eventuell relevanter Informationen durch medizinisches Fachpersonal –
Für die Anamnese der U1 werden zunächst Schwierigkeiten/Erkrankungen/Sucht der Mutter während der Schwangerschaft erfasst (dazu zählen beispielsweise Diabetes sowie akute oder auch chronische Infektionen).
Außerdem werden die Daten der Geburtsanamnese festgehalten: Geburtsdatum, Uhrzeit, Schwangerschaftswoche zum Zeitpunkt der Geburt, Geschlecht, Art der Geburt und Lage des Kindes.
Und auch der Säure- bzw. pH-Wert des Nabelschnur-Bluts wird bestimmt und eingetragen. Dieser ist ein Nachweis dafür, wie gut Euer Baby während der Geburt mit Sauerstoff versorgt war. Bei gesunden Neugeborenen liegt der Wert meistens zwischen 7,21 – 7,31 (ein Wert unter 7 deutet auf hohen Geburtsstress und eventuell damit verbundenen Sauerstoffmangel hin).
Körperliche Untersuchungen
Das Neugeborene wird zunächst dahingehend untersucht, ob es Verletzungen durch die Geburt erlitten hat und ob äußerliche Fehlbildungen vorliegen. Außerdem wird nach Hinweisen gesucht, die auf eine Krankheit schließen lassen, die sofort ärztlich behandelt werden müsste. Ist dies der Fall, werden sofort die notwendigen Maßnahmen eingeleitet.
APGAR
Zur Neugeborenen-Untersuchung gehört auch immer die Bestimmung des sogenannten APGAR-Wertes. APGAR steht für Atmung, Puls, Grundtonus, Aussehen, Reflexe. Dieser Wert gibt also Auskunft über die Hautfarbe Eures Babys (Hinweis auf Gelbsucht?), seinen Herzschlag, seine Reflexe und seine Atmung. Der Test wird nach fünf und dann noch einmal nach zehn Minuten geprüft und sowohl im Mutterpass als auch im gelben Untersuchungsheft eingetragen (ein Wert zwischen 8 bis 10 wird als unbedenklich eingestuft). Bei der Untersuchung der Atemwege werden die Atemgänge näher betrachtet und eventuell verschlucktes Fruchtwasser abgesaugt.
Reifetest
Der Kinderarzt führt auch einen sogenannten Reifetest durch. Dieser sagt aus, ob Euer Kind voll entwickelt oder eventuell zu früh zur Welt gekommen ist. Um Aussagen zum Reifezustand Eures Kindes machen zu können, untersucht der Arzt die Knorpelbildung an den Ohrmuscheln, neben der Hautfarbe auch die Hautfalten und Furchung der Fußsohlen, die Ausbildung der Brustwarzen sowie der Geschlechtsorgane des Neugeborenen.
Vermessung
Im Zuge der U1-Untersuchung werden natürlich auch Babys Körperlänge und Kopfumfang gemessen sowie sein Geburtsgewicht bestimmt. So habt Ihr alle Daten, die Eure Familie und Freunde bei der Übermittlung der freudigen Geburts-Nachricht wissen möchten, schwarz auf weiß im U-Heft: gesundes Kind (ich wünsche es Euch!), Größe und Gewicht.
Optionale Untersuchungen & Behandlungen
Vitamin K
Ihr als Eltern müsst bei der U1 gemeinsam die Entscheidung treffen, ob Euer Baby Vitamin K in Form von Tropfen erhalten soll oder nicht. Mit dieser Vitamin-K-Prophylaxe kann die Gefahr von Blutgerinnungsstörungen stark eingedämmt werden. Bei einem erhöhten Mangel an Vitamin K droht die Gefahr gefährlicher Hirnblutungen.
Hör-Screening
Bis spätestens zum vollendeten 3. Lebenstag wird mit Hilfe eines Hör-Screenings festgestellt, ob Euer Baby beidseitig gut hören kann. Keine Panik, wenn der Hörtest auf einem Ohr negativ ausfällt! Sofern während der Schwangerschaft keine schwerwiegenden Infektionen vorlagen, die eventuell zu Hörschädigungen des Babys führen können, wird der Test beim Kinderarzt oder dem Hals-Nasen-Ohrenarzt wiederholt, bis eine eindeutige Diagnose gestellt werden kann. Es kann sein, dass ein Ohr noch nicht frei ganz frei ist oder schlicht der Stöpsel nicht richtig im Ohr saß. Bei schwerwiegenden Hör-Störungen werden selbstverständlich in der Geburts- oder eine angeschlossenen Kinder- oder Spezialklinik weitere Tests durchgeführt, um schnellstmöglich Klarheit bezüglich der Hörfähigkeit Eures Babys zu bekommen.
Neugeborenen-Screening
Ein weiterer Baustein der U1-Untersuchung kann das sogenannte Neugeborenen-Screening sein. „Kann“, weil hierfür Euer schriftliches Einverständnis notwendig ist. Warum? Weil diese Blut-Untersuchung das Erbgut betrifft. Dafür werden aus der Ferse Eures Babys ein paar Tropfen Blut entnommen. Damit können wiederum zum frühestmöglichen Zeitpunkt erblich bedingte (und für Euer Baby eventuell lebensbedrohliche) Stoffwechsel- und Schilddrüse-Erkrankungen erkannt und entsprechend sofort behandelt werden.
Ein Teil des Neugeborenen-Screenings ist auch das sogenannte Screening auf Mukoviszidose, sofern Ihr der Untersuchung zustimmt. Mukoviszidose tritt bei einem von 2500 bis 3000 Neugeborenen auf und ist eine erblich bedingte angeborene Stoffwechsel-Erkrankung der Drüsen. Ausgelöst durch einen genetischen Defekt stimmt die Zusammensetzung der Drüsensekrete nicht: Das gebildete Sekret wird zu zäh und klebrig und kann nicht „normal“ abfließen oder transportiert werden. Daraus ergeben sich Funktionsstörungen der Atemwege und des Darms. Auch Bauchspeicheldrüse, Gallengänge und Samenleiter können betroffen sein. Spätschäden an der Lunge sind ebenfalls keine Seltenheit. Bei einem auffälligen Ergebnis ist rasches Handeln angesagt, um keine wertvolle Zeit zu verlieren!
Augen-Prophylaxe
Achtung Augen-Prophylaxe! Manche Kliniken führen noch heute standardmäßig eine sogenannte Augen-Prophylaxe durch. Dies ist eine Behandlung, die nur nach Absprache mit Euch durchgeführt werden darf! Bei dieser Maßnahme bekommt Euer Säugling Augentropfen (enthalten Silbernitrat bzw. Antibiotika) verabreicht, die ihn vor Augeninfektionen schützen sollen. Aber: Heutzutage werden Schwangere bereits auf alle möglichen Infektionen hin getestet, welche eventuell während der Geburt auf das Neugeborene übertragen werden könnten und eine Augen-Prophylaxe erfordern würden. Macht Euch bitte bei Eurem Arzt schlau, ob eine solche Prophylaxe notwendig sein könnte. Sonst erfragt bitte in der Geburtsklinik, wie sie damit verfahren.
Beratung & Aufklärung
Die Klinik wird Euch zu weiteren Maßnahmen oder notwendigen Untersuchungen beraten.
Auch eine Stillberaterin wird der frischen Mutter beratend zur Seite stehen. Ich rate nur: Bitte nicht verzweifeln, wenn es mit dem Stillen nicht gleich klappt – es gibt viele Möglichkeiten und auch kleine Tipps, die Wunder wirken.
Außerdem erhaltet Ihr vom Krankenhaus meistens Informationsmaterial zu unterschiedlichen Themen, die für junge Eltern (oder auch Zweit- und Mehr-Kind-Eltern sowie Mehrlings-Eltern) interessant sind / sein könnten.
Wann ist die nächste U-Untersuchung?
Die U2-Untersuchung findet im Zeitraum vom 3. Bis 10. Lebenstag statt.
Sollten sich Mutter und Baby zu diesem Zeitpunkt noch im Krankenhaus befinden, wird dieser Untersuchungs-Termin dort vorgenommen (ansonsten bitte daran denken, beim behandelnden Kinderarzt schnellstmöglich einen Termin zu vereinbaren – siehe TO DOs!).
To-Do-Checkliste für Dich
- Sofern die Hebamme in der Klinik nicht die Hebamme ist, die Euch zuhause weiter betreut: Informiert Eure Hebamme über die Geburt Eures Kinders und verabredet Euch mit ihr, sobald Ihr wisst, wann Mutter und Kind zuhause sein werden.
- Termin U2 beim gewünschten Kinderarzt in Eurer Nähe vereinbaren, sofern diese U-Untersuchung nicht noch im Krankenhaus durchgeführt wird.
- Termin nächste U-Untersuchung
Ganz wichtig & Gutgemeint
Ich kann es Euch nur empfehlen: Insbesondere bei Eurem ersten Kind bestehen noch Unsicherheiten im Umgang mit Eurem Baby, zu seinen Gewohnheiten, Verdauung, Schreien, oder ähnlichen Themen. Scheut Euch nicht, Eure Hebamme und Euren Kinderarzt mit Fragen zu löchern oder um Hilfe zu bitten. Sie haben praktische Tipps oder auch Ansprechpartner für Euch (wie zum Beispiel die Schrei-Ambulanz oder Eltern-Kind-Gruppen), wo Ihr Euch Hilfe holen oder einfach mit anderen betroffenen Eltern austauschen könnt.
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