Der “Fliegergriff”, auch bekannt als “Fliegerhaltung”, ist Halteposition, die oft verwendet wird, um Unbehagen beim Baby (insbesondere Bauchschmerzen oder Blähungen) zu lindern. Bei dieser Haltung wird das Baby mit dem Bauch nach unten gehalten, wobei sein Kopf und Oberkörper auf einem der Unterarme des Erwachsenen liegen. Die Beine des Babys hängen dabei beidseitig vom Arm herunter.
Der Fliegergriff ist besonders beliebt bei Säuglingen und jungen Babys, die unter Koliken oder Verdauungsproblemen leiden.
Mein erster Kontakt mit dem Fliegergriff
Unser erstgeborener Sohn hatte Glück was Blähungen und Verdauungsprobleme angeht: Er hatte nie mit Dreimonatskoliken zu kämpfen und nur sehr selten Bauchschmerzen oder Blähungen. Und im Ernstfall ließen sich diese durch häufiges Stillen beilegen.
Trotzdem kommt es mir wie gestern vor, dass sein Papa ihn im Fliegergriff durch die Wohnung getragen hat, denn dies ist scheinbar seit Jahren “die Lösung” in der Säuglingspflege und wird auch sehr häufig von Hebammen und Ärzten empfohlen. Denn nicht nur bei Blähungen soll die “Geheimwaffe Fliegergriff” helfen, viele Babys finden diese Position auch so ganz angenehm.
Wie genau die Trageposition Fliegergriff aussieht und warum sie für Dein Baby so angenehm ist, erkläre ich Dir in diesem Artikel. Du erfährst außerdem, dass es mittlerweile auch kritische Stimmen von Hebammen und Ärzten zum Fliegergriff gibt.
Themen des Beitrags
Was ist der Fliegergriff?
Der Fliegergriff ist eine Trageposition für Babys, die besonders bei Bauchschmerzen und Blähungen eingesetzt wird. Dabei liegt Dein Baby mit dem Bauch nach unten längs auf einem oder zwei Deiner Unterarme. Das Köpfchen Deines Babys liegt entweder sicher in Deiner Hand oder in Deiner Ellbogenkehle. Wichtig ist, dass Du zwischen den Beinen des Babys durchgreifst, sodass eines der Beinchen auf jeder Seite Deines Unterarmes liegt.
Positive Effekte des Fliegergriffs für das Säugling
Neben den positiven Effekten auf die Verdauung ist der Fliegergriff für Babys auch so angenehm, weil er die körperliche Nähe zur Bezugsperson ermöglicht, aber gleichzeitig einen Perspektivenwechsel und damit viel Abwechslung bietet. Ganz nebenbei stärkt die Position in Bauchlage die Nackenmuskulatur und die Balance bzw. Koordination der Babys.
Anleitung für den Fliegergriff beim Baby
Wenn Du den Fliegergriff zum ersten Mal versuchst, dann tu das bitte über der Couch und in geringer Fallhöhe.
Denke daran, dass Dein Baby mit wenigen Monaten noch kaum eigene Körperkontrolle hat und möglicherweise seinen Kopf noch nicht selbst richtig halten kann.
Damit der Fliegergriff für alle Beteiligten eine angenehme Angelegenheit wird, vermeide ruckartige Bewegungen, sprich sanft mit Deinem Baby und schunkle oder streichle es leicht zur Beruhigung.
Schritt 1: Vorbereitung
- Stell sicher, dass Du in einer bequemen und sicheren Umgebung bist, idealerweise über einer weichen Unterlage wie einem Bett oder einer Couch.
Schritt 2: Positioniere Dein Baby
- Nimm Dein Baby vorsichtig hoch und lege es mit dem Bauch nach unten längs auf einen Deiner Unterarme. Das Gesicht des Babys sollte dabei seitlich liegen, um freie Atmung zu gewährleisten.
Schritt 3: Stütze den Kopf
- Positioniere den Kopf Deines Babys in Deiner Ellbogenkehle, sodass es bequem ruht und der Kopf gut gestützt ist.
Schritt 4: Sichere Haltung
- Greife mit Deiner Hand zwischen die Beine des Babys durch, um zusätzlichen Halt zu bieten. Ein Beinchen sollte auf jeder Seite Deines Armes liegen.
Schritt 5: Achte auf die Beine und Arme
- Achte darauf, dass die Arme und Beine Deines Babys frei herunterhängen können, ohne eingeengt zu sein.
Schritt 6: Ruhige Bewegung
- Bewege Dich langsam und ruhig, um Dein Baby nicht zu erschrecken. Sanftes Schaukeln oder Wiegen kann beruhigend wirken.
Schritt 7: Beobachte Dein Baby
- Achte auf die Reaktionen Deines Babys. Einige Babys finden diese Position sehr beruhigend, während andere sie möglicherweise nicht mögen.
Wichtig:
- Wenn Dein Baby noch nicht in der Lage ist, seinen Kopf selbst zu halten, ist besondere Vorsicht geboten, um eine sichere Haltung zu gewährleisten.
- Sei stets vorsichtig und achte auf die Signale Deines Babys. Bei Unsicherheiten oder wenn Dein Baby Anzeichen von Unbehagen zeigt, wechsle lieber in eine andere Trageposition. Neben dem Fliegergriff ist auch die Hockposition eine weitere Möglichkeit, dem Baby mit einer geeigneten Halteposition das “Pupsen” zu erleichtern.
Video zu Fliegergriff und Hockposition
Warum hilft der Fliegergriff bei Blähungen?
Jeder Mensch hat gelegentlich Blähungen. Vielleicht ist Dir schon einmal aufgefallen, dass die Gase in bestimmten Körperhaltungen besser entweichen können, als in anderen?
Neugeborene haben kaum Möglichkeiten, sich selbst in eine andere Position zu bringen, denn sie können sich noch nicht vom Rücken auf die Seite oder den Bauch drehen. Ihre Körpermuskulatur ist allgemein noch sehr schwach ausgeprägt und sie sind darum auf die Hilfe der Erwachsenen angewiesen.
In der Position beim Fliegergriff können Gase oder mitgeschluckte Luft besser entweichen. Außerdem wird die Verdauung angeregt.
Wenn die Blähungen Deines Babys zu stark sind und es fast ununterbrochen weint, solltest Du umgehend einen Arzt aufsuchen. Nicht immer stecken hinter scheinbaren Dreimonatskoliken harmlose Verdauungsprobleme. Dein Baby kann zum Beispiel auch Probleme mit der Laktose in der Milch haben oder echte Darmprobleme.
Neue Meinung und Kritik am Fliegergriff
Der Fliegergriff, lange Zeit als effektive Methode empfohlen, um Babys bei Bauchschmerzen und Blähungen zu beruhigen, steht neuerdings unter kritischer Betrachtung. Zwei Expertinnen, Dr. med. Celine Schlager und Liane Emmersberger, bringen wertvolle Einblicke und Bedenken hinsichtlich dieser Trageposition.
Dr. med. Celine Schlager über anatomische Bedenken
Dr. med. Celine Schlager weist darauf hin, dass im Fliegergriff der Körper und Kopf des Babys zwar gut gestützt werden, Arme und Beine jedoch durch die Schwerkraft herunterhängen. Diese Position bietet weder die erforderliche Begrenzung noch das Einkuscheln, das Babys brauchen. Ein weiteres Problem sieht sie darin, dass Babys in dieser Position den Umgebungsreizen schutzlos ausgesetzt sind, da sie mit dem Gesicht nach vorne getragen werden.
Liane Emmersberger zur Reizüberflutung
Liane Emmersberger, eine erfahrene Kinästhetik-Trainerin, äußert ähnliche Bedenken. Sie hebt hervor, dass der Fliegergriff aus kinästhetischer Sicht problematisch sein kann, da die Arme und Beine des Babys gegen die Schwerkraft ziehen. Dies kann zu einer Reizüberflutung führen, die das Baby in eine Schutzreaktion versetzt, was oft mit dem schnellen Einschlafen des Babys verwechselt wird.
Mehr dazu im folgenden Video
Alternative Ansätze
Beide Expertinnen betonen die Bedeutung von Alternativen zum Fliegergriff. Laut Dr. Schlager gibt es aber aktuell noch keine keine aktuellen Studien gibt, die die kritische These stützen. Während Dr. Schlager das Tragen in einem Tragetuch oder einer Tragehilfe mit korrekter Anhockspreizhaltung, sowie Bauchmassagen vorschlägt, empfiehlt Emmersberger, Spannungen durch aktive Bewegungen wie Strampeln oder “Radfahren” zu lösen.
Beide betonen, dass die individuellen Bedürfnisse des Kindes beachtet werden sollten, und dass, wenn der Fliegergriff Entspannung bringt, dies für manche Familien eine akzeptable Option sein kann.
Diese aktuellen Erkenntnisse zeigen, dass es wichtig ist, die individuellen Bedürfnisse und die körperliche Entwicklung des Babys zu berücksichtigen. Eltern und Betreuende sollten aufmerksam auf die Reaktionen ihres Kindes achten und gegebenenfalls fachlichen Rat einholen, um die bestmögliche Entscheidung für das Wohlbefinden und die Gesundheit ihres Kindes zu treffen.
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