Im Verlauf ihres ersten Lebensjahres machen Babys die größten Entwicklungssprünge. Sie wachsen so viel und so schnell wie in keiner anderen Phase, lernen den Gebrauch ihrer Sinne kennen und entwickeln eine Reihe (fein-) motorischer Fähigkeiten. Die wohl größte Leistung dieser Zeit aber ist das Krabbeln, denn es macht aus dem hilflosen Säugling ein munteres Kleinkind.
Wie es dazu kommt, wann es so weit ist und welche Veränderungen das so genannte Krabbelalter mit sich bringt, erfährst Du hier:
Themen des Beitrags
Ab wann krabbeln Babys?
Die meisten Babys fangen mit dem Krabbeln an, wenn sie zwischen 6 und 10 Monate alt sind. Die Unterschiede zwischen den einzelnen Kindern setzen sich aber auch beim Erlernen des Krabbelns fort. Experten geben das Durchschnittsalter mit 10 Monaten an.
Was das bedeutet, dürfte Dir bereits von anderen Prozessen vertraut sein:
So individuell, wie Dein Baby zur Welt gekommen ist und sich zu drehen oder vom Löffel essen gelernt hat, eignet es sich auch das Krabbeln an. Manche Kinder beginnen damit schon recht früh, andere brauchen dafür umso länger.
Wann sollte ein Baby spätestens krabbeln können?
Die meisten machen im Alter von 6-7 Monaten jene “Stemmübungen”, die ich Dir als Vorstufe zum Robben beschrieben habe: Sie drücken in Bauchlage den Oberkörper nach oben und stützen sich mit den Ärmchen ab.
Zwischen dem 8. und 10. Monat wechselt das Gros selbstständig vom Sitzen in den Vierfüßler-Stand und zurück. Beste Bedingungen, um vom Robben zum Krabbeln überzugehen – aber bei Weitem kein Muss! Einige Kinder entdecken jetzt auch die Alternative des Po-Rutschens und bewegen sich fortan auf diese Weise.
Mit spätestens 1 Jahr hat sich entschieden, ob Dein Baby zur großen Gruppe der Krabbler gehört oder ob es eine der seltener vertretenen “Robben” bleibt. Manche seiner Altersgenossen stehen jetzt bereits “auf eigenen Beinen” und machen die ersten selbstständigen Schritte.
Aber das ist schon wieder ein neues Kapitel im Lebens Deines Babys – und daher einen eigenen Beitrag wert…
Wie Babys krabbeln lernen – Das braucht Dein Baby, um loszulegen
Video: Die ersten Versuche der Fortbewegung
Beste Voraussetzungen zum Krabbeln
Laut Definition ist Krabbeln das “Fortbewegen auf Knien und Händen”. Dieser Vorgang beansprucht zahlreiche Muskelgruppen im Rücken, Gesäß und Bauch sowie in den Armen und Beinen eines Menschen.
Zum Krabbeln lernen und üben gehört:
- Ausreichend Kraft und Muskulatur
- Körperbeherrschung und Haltungsvermögen
- Ausdauer
- Motivation und Willen
Genügend Kraft
Bevor Dein Baby loskrabbeln kann, muss es also zunächst einmal genug Kraft haben. Die sammelt es ab der “frühesten Jugend”. Jedes Rudern mit Ärmchen und Beinchen stärkt seine Gliedmaßen und die umliegenden Körperteile. Auch beim Greifen, Spielen und sonstigen Bewegungen sowie beim Babyturnen oder -schwimmen trainiert Dein Kleines unbewusst seine Muskeln.
Ob die gesammelte Kraft zum Krabbeln reicht, zeigt es Dir, wenn es sich sicher im Hochstuhl halten kann oder aus dem Liegen heraus selbstständig zum Sitzen aufrichtet.
Kopf hoch, Brust raus: So erkennst, wann Dein Baby bereit ist zum Krabbeln
Ein weiterer Beweis für genügend Muskel- bzw. Krabbelkraft ist sein Vermögen, aus der Bauchlage heraus den Oberkörper aufzurichten und diesen mit Hilfe der Ärmchen aufrecht zu halten.
Das ist die ideale Position zum Robben, wie es Soldaten beim Manöver oder Seelöwen im Zoo machen: Brust und Kopf sind oben, die Arme fungieren als Stütze, Bauch und Beine bleiben am Boden.
In dieser Haltung ist die Fortbewegung anstrengend, aber möglich – und manche Babys entwickeln im Robben ein erstaunliches Geschick. Gib also acht, wenn Dein Kleines mit den hier beschriebenen Übungen beginnt!
Stabiles 4-Punkt-System
Vielleicht zieht es im Liegen auch die Knie unter den Rumpf und stemmt sich in den Vierfüßler-Stand. Dann ist es bereits in der richtigen Position zum Krabbeln. Seine Arme und Beine sind stark genug, um den restlichen Körper anzuheben und zu stützen.
Sei wachsam, wenn Dein Söhnchen oder Töchterchen diese Entdeckung macht! Manche Babys verlieren beim Üben plötzlich die Kraft und kippen zur Seite um – schlecht, wenn sie sich dabei gerade auf dem Wickeltisch befinden!
Ordnung im Chaos
Doch knien und sich dabei mit den Händchen abstützen ist noch lange kein Krabbeln. Um vom Fleck zu kommen, müssen Babys ihre Gliedmaßen koordinieren. Nur wenn sie Ärmchen und Beinchen in der richtigen Reihenfolge und im richtigen Rhythmus setzen, werden daraus Krabbel-Bewegungen.
Das Vermögen dazu hat Dein Kleines wie seine Muskeln trainiert: beim Greifen, Anheben und Beknabbern von Gegenständen bzw. beim Strampeln.
Ein Ziel vor Augen: Zum Krabbeln animieren und fördern
Du kannst den Übergang vom Robben zum Krabbeln fördern, indem Du Deinem Baby Anreize lieferst. Von Natur aus neugierig, möchte es alles erreichen, was sein Interesse weckt. Rolle einen spannenden Gegenstand vor ihm herum, ruf es beim Vornamen oder verstecke Dich hinter einem Kissen, das vor ihm auf dem Boden steht.
Der größte Ansporn loszukrabbeln sind jedoch Altersgenossen. Hast Du eine Freundin, die ebenfalls Mutter ist, könnt Ihr Eure Kinder zusammensetzen. Wenn eines schon etwas eher geboren wurde, macht das nichts – im Gegenteil: krabbelt oder läuft es bereits herum, wird das Dein Baby umso mehr reizen, gleichzuziehen.
Wie kann ich meinem Baby beim krabbeln lernen helfen?
- Babys treffen, die schon krabbeln können
- Als Erwachsener Krabbeln vormachen
- Bei Rückwärtsbewegungen, etwas gegen die Sohlen des Babys halten, damit es sich nach vorne bewegt
- Spielzeug ins Blickfeld legen, um zur Fortbewegung zu motivieren
- Bei erfolgreichen Krabbelbewegungen positv rückbestätigen (Loben, Freude etc.)
Das große Krabbeln beginnt – Was Dein Baby jetzt braucht
Zunächst gehorchen ihm Arme und Beine noch nicht so richtig. Statt wechselseitig und gleichzeitig setzt es die Gliedmaßen gleichseitig oder paarweise, so dass es umfällt oder den Po nach oben bringt. Doch irgendwann schafft es Dein Baby, die Arme und Beine wie vorgesehen zu “bedienen”: im so genannten Kreuzgang.
Er bringt fast jeden Vierbeiner vorwärts. Mit Ausnahme von Elefanten, Kamelen, Giraffen und Bären setzen alle Tiere rechts hinten und links vorn bzw. links hinten und rechts vorn auf. Bei Deinem Kleinen führt diese Koordination zum ersehnten Krabbeln.
Baby krabbbelt rückwärts – Ist das normal?
Anders als im Tierreich geht es dabei jedoch nicht zwingend vorwärts! Viele Kinder legen zunächst den Rückwärtsgang ein, weil ihre Arme stärker sind als die Beine. Auch wenn sie erst rückwärts krabbeln, bald aber gleicht sich das Kräfteverhältnis aus und Dein Baby bewegt sich in die “richtige” Richtung: Vorwärts, dem Abenteuer entgegen!
Sicherheits-Check & Wohnung sichern
Wie sehr die neue Fähigkeit diese Umschreibung verdient, wirst Du bald selbst feststellen. Der Aktionsradius Deines Kindes erweitert sich durch Robben oder Krabbeln beträchtlich. Plötzlich ist nichts und niemand mehr sicher – am allerwenigsten das Kleine selbst. Damit Du dem Großereignis gelassen(er) entgegensehen kannst, empfehle ich Dir, das Umfeld rechtzeitig kinder- bzw. krabbelsicher zu machen.
Dabei gilt es jedoch viel mehr zu beachten als die “üblichen” Schutzmaßnahmen. Das diesbezügliche Angebot mit nützlichen und sinnlosen Kindersicherungen ist zudem eher verwirrend als hilfreich. Manche Dinge, die es zu kaufen gibt, braucht kein Mensch; andere müssten dringend noch erfunden werden.
Den besten Blick für mögliche Gefahrenquellen und nötige Abhilfen gewinnst Du, indem Du Dich auf Augenhöhe Deines Babys begibst: Geh tief in die Hocke und schau Dir die Wohnung und / oder den Garten aus dieser Perspektive an! Vieles, das “von oben herab” ganz harmlos wirkt, ist für robbende oder krabbelnde Kinder eine echte Bedrohung.
Heute schon an morgen denken: Sicherheit beim Krabbeln
Doch Steckdosen, Treppenstufen und die Futternäpfe von Haustieren sind nur einige der augenfälligsten Risiken. Noch mehr Gefahren lauern an jenen Stellen, die für Dein Baby bisher unerreichbar waren. Durch die angeeignete Mobilität kommt es jetzt an alles heran, das sich einen Meter über dem Boden befindet.
Das glaubst Du nicht? Dann bedenke, dass es vom Krabbeln zum Stehen nur ein winziger Schritt ist. Dein Kleines zieht sich an Wänden, Schränken oder Tisch- und Stuhlbeinen hoch – und richtet dadurch seine gesamte Körperhöhe auf. Inklusive eines ausgestreckten Ärmchens sind 100 cm schnell überbrückt. Genug, um an Schubladen, Schranktüren oder Fensterbänke heranzureichen bzw. Geschirr, Medikamente, Blumenvasen und heiße Töpfe von erhöhten Möbelstücken zu ziehen.
Jeden Tag was Neues
Du fragst Dich, warum Dein Kleines so etwas tun sollte? Weil es die Welt entdeckt! Durch das Vermögen zu krabbeln wächst nicht nur sein Aktionsradius, sondern auch sein Forscherdrang. Die wechselseitigen Arm- und Bein-Bewegungen, die es sich angeeignet hat, regen die Zusammenarbeit von rechter und linker Gehirnhälfte und damit die Gehirnentwicklung an. Dadurch entstehen neue Verbindungen, die das Lernen erleichtern und auch später von großem Vorteil für Dein Kind sind.
Mein Baby krabbelt nicht, sondern rollt und robbt nur
Wenn Babys lieber robben, rollen oder rutschen
Wenn Babys nur rollen oder robben, bedeutet das nicht, dass sie ein Lernschwäche, eine Entwicklungsstörung oder Nachteile haben, nur weil sie das Krabbeln auslassen! Auch, wenn Du so etwas gelegentlich liest und scheinbar gute Argumente für diese These angeführt werden: Sie ist schlichtweg falsch!
Berühmte Langzeitstudie
Den Beweis dafür trat der Schweizer Kinderarzt und Sachbuch-Autor Remo Largo an. Ab Mitte der 1970er Jahre ließ er das Fortbewegungs- und Lernverhalten von heranwachsenden Babys aufzeichnen. Er leitete ihre Eltern an, jeden Entwicklungsschritt und jede Eigenheit auf eigens dafür konzipierten Bögen zu erfassen. Die Auswertung dieser Unterlagen ergab folgendes:
- Rund 13% der Proband/-innen hatten als Babys niemals Krabbel-Bewegungen ausgeführt. Statt auf Händen und Knien waren sie durch Robben oder Rollen bzw. als Po-Rutscher vorwärts gekommen.
- Auf die weitere Entwicklung und die späteren schulischen Leistungen der Kinder hatte das keinen Einfluss. Alle Proband/-innen zeigten ein normales Tempo beim Erlernen körperlicher Fähigkeiten und beim Aneignen von Lehrstoff.
Beruhigende Schlussfolgerung
Bei den beobachteten Kindern handelte es sich um 700 kerngesunde Babys. Keines von ihnen zeigte Auffälligkeiten, die das Krabbeln lernen bzw. das Krabbeln selbst verhindert hätten. Daraus folgen zwei wichtige Erkenntnisse:
- Die Bereitschaft zum Krabbeln ist “vorprogrammiert”. Ob Dein Baby sich so oder anders fortbewegt, ist Ausdruck seiner individuellen Persönlichkeit. Kinder, die nur robben, rollen oder rutschen sind wie Menschen mit zwei unterschiedlich gefärbten Augen: außergewöhnlich, aber vollkommen normal.
- Krabbeln unterstützt die Bildung von Nervenverbindungen, aber ohne diesen Booster geht es auch. Ob Dein Baby später gut rechnen, betörend singen oder überzeugend argumentieren kann, ist keine Frage von Rollen und Wollen – sondern wird durch Gene und Übung beeinflusst.
Zudem gibt es keine Studien, die den Zusammenhang zwischen mangelndem Lernvermögen und ausschließlichem Robben, Rollen oder Rutschen belegen.
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