Wenn bei Deinem Neugeborenen eine leichte Hüftdysplasie, d.h. eine leichte Fehlstellung des Hüftgelenks, vermutet wird oder bereits mit einem Hüftscreening diagnostiziert wurde, haben Dir die Mediziner wahrscheinlich zum breit wickeln geraten. Die gute Nachricht: Breit wickeln ist total unkompliziert und nicht wirklich viel Aufwand. Was das genau bedeutet und warum es als Therapieform so gut funktioniert, erkläre ich Dir hier.
Themen des Beitrags
Wie kann ich breit wickeln?
Breit wickeln bedeutet, dass viel Stoff zwischen den Beinchen Deines Babys liegt. Das kannst Du mit verschiedenen Methoden erreichen:
- Stoffwindeln (verschiedene Systeme)
- Molton-Einlage oder Pre-Fold
- ein aufgewickeltes Handtuch (ca. 15 cm breit) über der eigentlichen Windel
- eine breite, zusätzliche Saugeinlage, z.B. Pelzy Einlagen, die oft auch für den Wochenfluss empfohlen werden
[Video] Breites Wickeln mit Anleitung
Mit Stoffwindeln
Am einfachsten geht das mit modernen Stoffwindelsystemen, eventuell auch mit extra Einlage. Wenn Du etwas sehr einfaches haben möchtest, empfehle ich Dir eine All-in-one-Windel. Sie funktioniert genau wie die Wegwerfwindel, also völlig unkompliziert. Sie wird als Ganzes gewaschen, getrocknet und wieder verwendet.
Wenn Du möglichst wenig Wäsche und noch dazu eine sehr schicke AIO-Windel haben willst, habe ich mit den g-diaper Windeln gute Erfahrungen gemacht. Mehr dazu habe ich aber auch in meinem ausführlichen Testbericht mit Stoffwindeln geschrieben. Lies gerne mal rein.
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- Die gPants ist eine wieder verwendbare weiche Baumwoll-Stoffwindel mit einer einknöpfbaren wasserdichten Innenwindel. Jede Windelhose wird mit einer Innenwindel geliefert.
- In die Innenwindel können Sie eine waschbare Stoffeinlage oder eine 100% biologisch abbaubare Wegwerfeinlage einlegen. Die Wegwerfeinlagen können kompostiert werden.
Mit Mullwindeln/Mulltücher
Natürlich kannst Du auch, wie meine Eltern vor 30 Jahren, mit Mullwindel-Dreieck, Mullwindel-Rechteck und Überhose breit wickeln. Mir war das zu aufwändig.
Mit Wegwerfwindel
Wenn Du auf den Komfort von Wegwerf-Windeln nicht verzichten willst, legst Du einfach ein Handtuch oder eine Einlage zwischen Body und Windel, bevor Du diesen unten zuknöpfst. Dazu eignet sich eine feste Wegwerf-Saugeinlage, eine Molton- oder Prefold-Einlage oder ein gefaltetes Handtuch.
Manche Eltern wollen auch mit zwei Wegwerfwindeln breit wickeln, eine davon verkehrt herum angezogen. Ich würde das nicht empfehlen. Weil diese Windeln so weich und dehnbar sind, hilft es auch nichts, die zweite Windel mit dem Hinterteil nach vorne anzuziehen. Natürlich ist das besser als gar nichts, aber richtig breit wickeln geht anders.
Was passiert, wenn ich mein Baby nicht breit wickeln werde?
Wenn Du überlegst, ob Du wirklich breit wickeln sollst, bedenke folgendes: Wenn Dein Baby eine leichte Hüftfehlstellung hat und Du auf breites Wickeln verzichtest bzw. das nicht hilft, droht eine Spreizhose bzw. eine Bandage. Das ist für alle Beteiligten viel unangenehmer als breit wickeln.
Warum hilft breit wickeln der Hüftentwicklung?
Babys kommen mit einem noch nicht ganz ausgereiften Hüftgelenk zur Welt. Das bedeutet, dass das Gelenk noch aus Knorpeln und nicht aus Knochenstrukturen besteht. Innerhalb der ersten 9 Lebensmonate verknöchert das Gelenk dann nach und nach. In dieser Zeit ist es wichtig, dass der Oberschenkelknochen mit dem Gelenkkopf im richtigen Winkel zur Hüfte mit der Gelenkpfanne liegt. Denn sonst kann es passieren, dass das Hüftgelenk falsch verknöchert und es zu verschiedenen Bewegungs- und Haltungsproblemen kommt.
Wenn der Gelenkkopf im Hüftgelenk nicht richtig in der Gelenkpfanne liegt, spricht man von einer Hüftdysplasie. Wenn der Gelenkkopf sogar herausgedreht ist, spricht man von einer Hüftluxation. Festgestellt werden solche Fehlstellungen vom Arzt mittels einer Hüftsonografie bei der U3-Vorsorgeuntersuchung.
Während man bei einer Hüftluxation auf jeden Fall eine ärztliche Behandlung mit Spreizhose, Spreizgips oder im schlimmsten Fall sogar eines Eingriffes rechnen muss, kann sich eine Hüftdysplasie noch richtig verwachen. Dazu ist es aber unbedingt notwendig, dass man das Hüftgelenk darin unterstützt, in den richtigen Winkel zu kommen. Die einfachste Form der Unterstützung ist das breit wickeln.
Manche Ärzte, Hebammen und Krankenschwestern empfehlen auch generell, Neugeborene breit zu wickeln. Denn das unterstützt die richtige Entwicklung der Hüfte. Ein Schaden kann dadurch meiner Recherche nach nicht entstehen. In dem Krankenhaus, in dem ich unser erstes Kind geboren habe, wurde uns als Erstlings-Eltern das wickeln zum Beispiel generell mit einer Pelzy-Einlage über der Pampers-Windel gezeigt.
Warum ist das Hüftgelenk so unreif?
Jetzt fragst Du Dich vielleicht, warum das bei Neugeborenen so ist. Immerhin ist das biologisch gesehen doch totaler Quatsch, eine Hüftfehlstellung und damit eine starke Beeinträchtigung der körperlichen Fähigkeiten quasi vorzuprogrammieren. Um zu verstehen, warum das so ist, solltest Du zwei Dinge wissen:
#1 Der Mensch ist eine physiologische Frühgeburt.
Weil im Laufe der Evolution das Gehirn und damit der Kopf von Babys immer größer wurden, musst der Zeitpunkt der Entbindung immer weiter nach vorne rutschen. Denn später geborene Babys passen unter Umständen nicht mehr durch den Geburtskanal und wurden so, vor den Zeiten moderner Medizin, “aussortiert”. Genetisch gesehen sind wir Menschen immer noch sehr ähnlich unseren Vorfahren von vor vielen zehntausend Jahren.
Biologen gehen davon aus, dass Menschenbabys noch etwa 3 Monate länger im Mutterleib bleiben müssten, um voll ausgereift zu sein. Diese Zeit müssen sie sozusagen außerhalb des Uterus nachholen. Viele Organfunktionen – und eben auch die Hüfte – reifen erst später voll aus.
#2 Der Mensch ist ein Tragling.
Auch, wenn wir uns nicht (mehr) wie unsere nächsten Verwandten, die Affen, am Fell der Mutter aktiv festhalten, gibt es doch viele Hinweise, dass der Mensch ein “passiver Tragling” ist. Das heißt, die natürliche Stellung, die ein Baby vor 10.000 Jahren den Großteil des Tages einnahm, war auf der Hüfte der Mutter oder einer anderen Bezugsperson.
In diesem Winkel kann sich bei Babys mit unreifen Hüftgelenken die Hüfte ideal entwickeln. Auch im Tragetuch wird ein ähnlicher Sitzwinkel eingenommen. Man spricht von der Anhock-Spreiz-Haltung. Diese hat also über viele Jahrtausende dem Defizit der unreifen Hüfte entgegen gewirkt. Erst in Zeiten, in denen wir unsere Babys sicher im Kinderzimmer im Bettchen ablegen und wenig mit unser herumtragen, ist das ein medizinisches Problem geworden.
Das International Hip Displasia Institute erwähnt breit wickeln übrigens nicht als Prophylaxe gegen eine Hüftfehlstellung. Stattdessen wird auf gute Babytragen verwiesen und ausdrücklich von falschem Pucken abgeraten.
Denn durch Pucken wird unter Umständen verhindert, dass ein Baby die richtige Anhock-Spreiz-Haltung im Liegen einnehmen kann.
Quellen:
- Kirkilionis, Evelin: Ein Baby will getragen sein. Kösel-Verlag, 2014.
- International Hip Dysplasia Institute
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Bei meiner Tochter wurde eine leichte Hüftdysplasie festgestellt. Nun bin ich auf der Suche nach Tipps, um diese auszugleichen. Ich habe bereits überlegt eine Zügerlhose zu kaufen. Gut zu wissen, dass auch breit wickeln schon helfen kann, da man so dafür sorgt, dass die Beine im richtigen Winkel von etwa 45 Grad gespreizt werden, um eine gesunde Hüftentwicklung zu garantieren.